Haushoch über anderen deutschsprachigen Verlagen stand Suhrkamp einst, bevor der Abstieg kam. Vom Durchstarten mit Hesse und Brecht, Kulttexten aus Österreich und den Machtkämpfen des neuen Jahrtausends.
Es war einmal: So muss ein Artikel über den legendären Suhrkamp Verlag beginnen. Nicht nur, weil der Anlass ein 70. Geburtstag ist, sondern auch, weil die Zeit, in der Suhrkamp in seiner literarischen und gesellschaftlichen Bedeutung hoch über anderen Verlagshäusern stand, vorbei ist. Vorbei die Zeiten, als man mit George Steiner von einer eigenen Suhrkamp-Kultur sprach; als von Hesse bis Handke und Walser, von Bachmann bis Thomas Bernhard und Uwe Johnson die besten deutschsprachigen Autoren dort ihr Zuhause hatten, ganz zu schweigen von Horkheimer und Adorno; als eine Karte zum Empfang im Unseld-Haus während der Frankfurter Buchmesse sich fast schon wie die Einladung in den deutschen Geistes-Olymp anfühlte.
Nach dem Tod des jahrzehntelangen Verlagsleiters Siegfried Unseld 2002 haben Machtkämpfe der Verlagskultur blutige Wunden geschlagen, von denen sich das Haus nie richtig erholt hat. Berühmte Autoren gingen damals weg. Heute hat das Haus immer noch wichtige Namen im Programm, doch es zehrt sichtlich von Autoren der alten Generation – wie Peter Handke, Hans Magnus Enzensberger, Alexander Kluge oder Peter Sloterdijk. Es zeigt keine wirkliche Verjüngung, weder im Literarischen noch im Marketing. Suhrkamp scheint zum Hüter eines allmählich erlöschenden Feuers geworden zu sein. Jedenfalls ist es heute ein Verlag wie jeder andere – freilich nach wie vor für hochkarätige Literatur.