Dornbirn

Erbin erstreitet sich gerichtlich Zugang zu iCloud-Daten

APA/AFP/Apple Inc./HANDOUT
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Apple muss nach einem rechtskräftigen Urteil einer Frau aus Dornbirn Zugang zu den iCloud-Daten ihres verstorbenen Manns geben. Eine digitale Nachlassregelung kann den Rechtsstreit verhindern.

"Sofern gesetzlich nichts anderes vorgeschrieben ist, stimmst du zu, dass dein Account nicht übertragbar ist und dass alle Rechte an deiner Apple-ID oder deinen Inhalten innerhalb deines Accounts im Falle deines Todes enden“, steht in den Nutzungsbedingungen Apples. Hinterbliebene, die Zugriff auf das iPhone oder iPad des Verstorbenen haben möchten, müssen sich auf ein langwieriges juristisches Prozedere mit Apple einstellen. Die Mandantin des Anwalts Stefan Denifl in Dornbirn hat diesen Weg gewählt. Und Recht bekommen. Apple muss der Erbin die Zugangsdaten zum Benutzerkonto und zur iCloud zur Verfügung stellen.

Denifl hatte Apple Ende letzten Jahres am Bezirksgericht Dornbirn, das wegen des Hauptwohnsitzes des Verstorbenen zuständig war, auf Gewährung des Zugangs für die Erbin geklagt. Das Urteil, dass Apple die Zugangsdaten zur Verfügung stellen muss, ist mittlerweile rechtskräftig. Denifl hatte sich bei seiner Klage auf ein Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs berufen, nach dem auch persönliche Inhalte im Netz an die Erben fallen.

Für den Apple-Konzern ist das Prozedere nicht neu. In den USA gab es bereits zahlreiche Fälle dieser Art. Und jedes Mal pocht der iPhone-Konzern darauf, dass die Kopie der Sterbeurkunde nicht für den Zugang zu den Daten ausreiche - mit Hinweis auf die Nutzungsbedingungen. Die Übermittlung der Sterbeurkunde bewirke nur, dass die Daten auf dem Gerät gelöscht werden. Damit gehen persönliche Daten wie Fotos sowie auch alle mit der ID verknüpften Einkäufe von Software und Inhalten verloren. Besonders bitter: Mit der Löschung ist auch die Diebstahlsperre gekoppelt, wodurch diese sich dann nicht mehr neu aufsetzen lässt.

Apple hat das Gerichtsurteil anerkannt und wird der Erbin vollen Zugang auf die Daten gewähren. Denifl ist überzeugt, dass weitere österreichische Erben die Möglichkeit nutzen werden, „sich über das Gericht Zugang zu Apple-Produkten eines Verstorbenen zu verschaffen“. „Konkret bedeutet das, auch persönliche Erinnerungsstücke zu erhalten, die unter anderem Teil der emotionalen Verarbeitung eines Todesfalls sind", so der Anwalt.

Digitalen Nachlass regeln

Mit dem eigenen Tod beschäftigt man sich nicht gerne. Doch mit voranschreitendem Alter treffen viele Vorkehrungen. Zu Lebzeiten werden Vermögenswerte geregelt, ein Testament geschrieben und mitunter wird auch eine Bestattungsvorsorge abgeschlossen, um die eigenen Kinder oder den Lebenspartner vor weiteren Sorgen zu schützen. Der Tod eines Angehörigen ist nicht nur schmerzlich, sondern für die Nahestehenden auch trauriger Anlass, sich mit den Formalitäten des Nachlasses zu beschäftigen.

Auf das digitale Erbe, die Spuren im Internet, wird heutzutage noch recht häufig vergessen. Dabei geht es nicht nur um die gespeicherten Erinnerungen des Verstorbenen. In vielen Fällen gibt es digitale Abos, die es zu kündigen oder überschreiben gilt. Von der monatlichen Netflix-Abbuchung weiß man meist noch, nicht aber von jedem kostenpflichtigen Dienst.

Markus Wieser, Präsident der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich, mahnte bereits im Vorjahr dazu, den digitalen Nachlass vorher zu regeln. Dies sei wichtig, um einerseits Missbrauch und unerwartete Rechnungen, etwa von Online-Abos wie Netflix, zu verhindern. Andererseits kann es für die Hinterbliebenen auch belastend sein, wenn der Online-Status des Verstorbenen suggeriert, dass dieser noch am Leben sei.

Wie kann man vorsorgen?

Grundsätzlich sollte man in schriftlicher Form festhalten, wie mit den eigenen Daten umgegangen werden soll. Es gibt vier Möglichkeiten: Erhaltung, Löschung, Archivierung oder Übertragung der Daten an Angehörige, Erben oder dritte Personen.

Eine Liste mit allen abgeschlossenen Abonnements, Online-Mitgliedschaften und Profile sollten in einer Dokumentenmappe sicher verwahrt werden. Es empfiehlt sich auch einen Passwort-Manager zu nutzen. Ein digitaler Safe, in dem mit einem Zugangskennwort alle genutzten Passwörter abgespeichert sind. Ein Zettel mit allen Zugängen ist nicht empfehlenswert. Nicht nur aufgrund von Sicherheitsbedenken, sondern auch aufgrund der häufig zu ändernden Passwörter.

Der Service-Provider ISPA bietet eine 17-seitige Informationsbroschüre, wie man vorsorgen kann und wie auch Hinterbliebene den digitalen Nachlass regeln können, inklusive hilfreichen Links zur Meldung des Verstorbenen.

Das Geschäft mit dem Tod 

In vielen Ländern kümmern sich bereits Profis um virtuelle Verlassenschaften wie im Internet abgeschlossene Verträge oder Mitgliedschaften bei E-Mail-Diensten und in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Xing, ab sofort kann diese, für Laien zumeist aufwendige Aufgabe auch in Österreich als Dienstleistung in Anspruch genommen werden. Der "Digitale Nachlass Service" der Wiener Städtischen kann zum Beispiel als Zusatzbaustein in Form einer Versicherung oder über den Bestatter erworben werden.

Das Startup Columba in Deutschland befasst sich bereits seit 2013 mit diesem Thema und bietet einen Rundum-Service.

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