Aufsichtsräte und Vereine stehen im Fokus der Befragung. Befragt wurde FPÖ-Chef Hofer, weiter ging es mit ÖBB-CFO Schiefer. „Die Presse“ berichtet live aus der Hofburg.
Das sogenannte „Ibiza-Video“ stellte im Mai 2019 die politische Landschaft Österreichs auf den Kopf. Es führte zum Platzen der türkis-blauen Koalition und katapultierte den damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler, Heinz-Christian Strache, ins Abseits. Die politische Aufarbeitung folgt nun ein Jahr danach im parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschuss. „Die Presse“ gibt einen Überblick über die Befragungen und berichtet live.
Wer waren die Auskunftspersonen am 2. Juli?
- 9 Uhr: Norbert Hofer. Er wurde im September 2019 - nach dem Ibiza-Skandal - zum FPÖ-Chef. Davor war er unter Türkis-Blau „Regierungskoordinator“ und Verkehrsminister - und damit in einem Bereich tätig, in dem es viele Posten zu besetzen gibt. Und hier gibt es einen Vorwurf gegen Hofer: dass er einen FPÖ-Spender auf einen Asfinag-Aufsichtsratsposten gehievt habe. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) führt Hofer nun Berichten zufolge als Beschuldigten, es gilt - wie für alle Beteiligten - die Unschuldsvermutung.
- Seit 13.40 Uhr: Arnold Schiefer wurde 2018 ÖBB-Aufsichtsratschef, 2019 Finanzvorstand (CFO) der ÖBB Holding AG. Der Burschenschafter galt lange als FPÖ-Urgestein und Personalreserve mit Managementqualitäten - im Sommer 2019 trat er dann aber aus der Wiener Stadtpartei aus und in die oberösterreichische Landesgruppe ein. Er soll Hofer und Heinz-Christian Strache, den damaligen Vizekanzler und FPÖ-Chef, über Widerstände innerhalb der Casinos Austria AG (Casag) bei der Besetzung des Finanzvorstandspostens mit dem Wiener FPÖ-Politiker Peter Sidlo informiert haben.
- Verschoben: Markus Braun. Achtung, Verwechslungsgefahr: Gemeint ist nicht der frühere Wirecard-Chef, sondern ein Vorstandsmitglied der Sigma Investment AG. Dieser Markus Braun ist ÖVP-Mitglied, war aber bei FPÖ-nahen Vereinen aktiv und ist Obmann des Vereins „Austria in Motion“ sowie Kassier des „Instituts für Sicherheitspolitik“. Ermittler vermuten, dass dieser und andere Vereine als Vehikel genutzt worden sein könnten, um finanzielle Zuwendungen für die FPÖ oder freiheitliche Politiker zu lukrieren. Braun war auch von der FPÖ entsandtes ORF-Stiftungsratsmitglied.
Der Liveticker zum Mitlesen:
Welche Themen standen auf der Agenda?
- Wie wurden unter Türkis-Blau Posten in staatsnahen Betrieben besetzt? Hofer war als Regierungskoordinator für die Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner zuständig. Und als Minister in der Position, Personal vorschlagen zu können - und tat das auch. Beinah direkt nach seiner Amtsübernahme, im Jänner 2018 nämlich, ließ er etwa Brigitte Ederer als ÖBB-Aufsichtsratschefin ablösen - durch eben Schiefer. (Ederer ist vor kurzem wieder zurück zu den Bundesbahnen gekommen - durch eine Entscheidung der Verkehrsministerin, Leonore Gewessler.) Seine Personalentscheidungen nannte Hofer im November 2019 „transparent“.
- Es wird auch weiter um die Causa Casinos gehen. Dem FPÖ-Mann Peter Sidlo, am Mittwoch Zeuge im U-Ausschuss gewesen, wird vorgeworfen, trotz mangelnder Qualifikation und auf Druck von FPÖ und des Glücksspielkonzerns Novomatic in den Vorstand der Casag gekommen zu sein. Die WKStA ermittelt derzeit wegen des Verdachts auf geheime Absprachen. Konkret stellen sich die Fragen: Versprach die FPÖ dem Glücksspielkonzern Novomatic - Miteigentümer der Casinos - Glücksspiellizenzen, wenn dieser sich im Gegenzug für Sidlos Bestellung in den Dreiervorstand einsetzte? Und: Trug die ÖVP diesen Deal mit, da sie so Thomas Schmid, Ex-Generalsekretär im Finanzministerium, als Alleinvorstand der Österreichischen Beteiligungs-AG (Öbag) installieren konnte? Die Genannten bestreiten die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.
- Im Detail werden sich die Abgeordneten wieder mit parteinahen Vereinen beschäftigen - und inwiefern diese andere Aufgaben erfüllt haben könnten, als dies vielleicht in den Statuten steht.
- Grundsätzlich ist es die Aufgabe des U-Ausschusses, die politische Verantwortung für die Vorgänge zu klären. Die Initiatoren des U-Ausschusses - Neos und SPÖ - wollen sich offiziell mit der „mutmaßlichen Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung“ auseinandersetzen. Sie vermuten, dass sich ÖVP und FPÖ in der gemeinsamen Regierungszeit die Republik „aufgeteilt“ hätten, und wollen wissen, auf welcher Ebene solche mutmaßlichen Deals getroffen worden seien.