Sicherheitslücken

Einbruchsserie im Europaparlament

Sitzung des EU-Parlaments in Brüssel
Sitzung des EU-Parlaments in Brüssel(c) REUTERS (JOHANNA GERON)
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Möglicherweise bis zu 100 EU-Abgeordneten wurden in den vergangenen sechs Wochen Computer und andere Wertgegenstände aus teils versperrten Büros gestohlen. Auch der österreichische Grüne Thomas Waitz ist betroffen.

Der deutsche EU-Mandatar und Satiriker Nico Semsrott schlug als erster Alarm: in einem am Dienstag veröffentlichten Video beschrieb er, wie unbekannte Einbrecher irgendwann während des Corona-Lockdowns in den vergangenen Wochen in sein Brüsseler Büro im Europaparlament eindrangen und zwei Laptops stahlen. Das ist kein Einzelfall. Laut Semsrott seien Dutzende, möglicherweise bis zu 100 weitere Abgeordnete verschiedener Fraktionen Opfer geworden.

Eines davon ist der österreichische Grüne Thomas Waitz. Auch aus seinem Büro seien „technische Geräte“ entwendet worden, erklärte die Sprecherin der grünen Parlamentsdelegation auf Anfrage der „Presse“. "Die Entwendung der elektronischen Gegenstände ist ärgerlich. Das größere Problem ist aber, dass weder die Büros damit sicher sind und sensible Daten und Dokumente einfach im Büro aufbewahrt werden können, noch garantiert werden kann, dass die Büros nicht abgehört werden. Es braucht hier eine schnelle Lösung und ein neues Sicherheitskonzept der Verwaltung“, ließ Waitz mitteilen.

Erste Einbrüche im April gemeldet

Weitere österreichische Abgeordnete dürften nicht betroffen sein, wie eine Umfrage der „Presse“ ergab. Bei der ÖVP-Delegation habe es keine Einbrüche gegeben, bei jener der SPÖ ebenso wenig, auch die Neos-Abgeordnete Claudia Gamon vermisst nichts. Der Sprecher der FPÖ-Abgeordneten ließ eine Anfrage unbeantwortet.

Ein Sprecher des Parlaments erklärte gegenüber dem Magazin „Politico“, die ersten Einbrüche seien im April gemeldet worden. Eine Untersuchung laufe. Wieso diese noch keine Ergebnisse geliefert hat, ist fragwürdig. Denn seit Mitte März ist außenstehenden Personen der Zugang zu den Parlamentsgebäuden im Zuge der Corona-Schutzmaßnahmen verboten, und auch die Abgeordneten und ihre Mitarbeiter sowie das Verwaltungspersonal arbeiteten wochenlang fast ausschließlich digital aus der Ferne. Erst seit zirka zwei Wochen steigt die Präsenz in den Büros wieder nach und nach.

Semsrott und Waitz vermuten angesichts des Umstandes, dass die Türschlösser unversehrt waren, dass die Einbrecher Generalschlüssel hatten. Das legt den Verdacht nahe, dass es sich um Insider handelt, beispielsweise aus dem technischen oder Reinigungspersonal. Politische Hintergründe sind nach derzeitigem Stand der öffentlichen Kenntnis auszuschließen.

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