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Facebook muss Datenschutzaktivist Schrems 500 Euro zahlen

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Nach sechs Jahren wurde im Rechtsstreit Max Schrems gegen Facebook ein erstes Urteil gefällt. Schrems will Berufung einlegen.

Seit 2014 kämpft der Jurist und Datenschutzaktivist Max Schrems gegen Facebook. Mit einer Sammelklage scheiterte er. Mit der Begründung, sie sei in Wien unzulässig. Sechs Jahre später kommt es jetzt im Zivilprozess am Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu einem Urteil: Facebook muss dem Aktivisten wegen Verletzung der Auskunftspflicht laut Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) einen Schadenersatz in Höhe von 500 Euro zahlen. Dabei sollte eigentlich geklärt werden, wem die Daten auf Facebook gehören und welche davon eigentlich gespeichert werden. Für die vorsitzende Richterin war die Datenverarbeitung in diesem Fall als vertrags- und rechtskonform eingestuft worden. Schrems will das so nicht gelten lassen und kündigt Berufung an.

Der Schadenersatz, der Schrems in Höhe von 500 Euro zugesprochen wurde, erklärt sich dadurch, dass Facebook die Auskunftspflicht über sämtliche personenbezogene Daten verletzt habe. Zudem müsse Facebook nun der Auskunftspflicht nachkommen und müsse nun offenlegen, welche personenbezogenen Daten gespeichert wurden.

Schrems verärgert über Urteil

Der Datenschutzaktivist zeigte sich nach der Zustellung des nicht rechtskräftigen Urteils trotz des Schadenersatzes verärgert und sprach von einem "Non-Urteil". Er kündigte Berufung an und ging davon aus, dass auch Facebook das tun werde. "Ich freue mich, dass wir nach sechs Jahren vor dem Wiener Landesgericht nun endlich zu den Gerichten kommen, wo wir die Punkte, die wirklich wichtig sind, klären können", sagte er und übte Kritik an den Ausführungen der Richterin.

"Die Richterin hat schon in der Verhandlung gesagt, dass sie sich auf die Fakten konzentriert, weil die kniffligen rechtlichen Fragen ohnehin von den höheren Gerichten geklärt werden", teilte er mit. Dennoch sei die Entscheidung für ihn grotesk. "Die illegalen Datenverarbeitungen von Facebook werden auf 36 Seiten beschrieben - aber nur in gerade 19 Sätzen werden fast alle Klagepunkte pauschal abgewiesen. Nur eine volle Auskunft zu meinen Daten und 500 Euro symbolischen Schadenersatz soll ich bekommen", beklagte er. "Mit den kniffligen Fragen, ob das was Facebook tut nach der DSGVO legal ist, wollte sich die Richterin wohl einfach nicht beschäftigen", mutmaßte Schrems.

Werden tatsächlich Rechtsmittel eingelegt, wandert das Verfahren weiter an das Oberlandesgericht (OLG) Wien, bestätigte eine Sprecherin des Landesgerichts am Mittwoch. In weiterer Instanz ist es gut möglich, dass auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) zur Klärung strittiger Datenschutzfragen angerufen wird.

Datennutzung gerechtfertigt, weil Dienst kostenlos?

Die Richterin ging in dem Urteil genau auf das Geschäftsmodell von Facebook ein. "Das wirtschaftliche Modell der Beklagten besteht darin, Einnahmen durch maßgeschneiderte Werbung und kommerzielle Inhalte zu generieren", hieß es dort. Für die kostenlose Nutzung der Plattform würden viele Nutzer Werbung bewusst in Kauf nehmen, die Personalisierung von Werbung auf Basis personenbezogener Daten sei Teil der Nutzungsbedingungen, besagt das Urteil. Facebook "stellt ihren Nutzern ihre Dienste unentgeltlich zur Verfügung und erzielt Einkünfte, indem die Nutzerdaten verarbeitet werden, um Werbetreibenden die Möglichkeit der maßgeschneiderten und zielgerichteten Werbung zu verkaufen."

Schrems habe bei der Erstellung eines privaten Accounts einen Vertrag mit Facebook abgeschlossen, "weshalb die Beklagte (Facebook, Anm.) die festgestellten Datenverarbeitungen, die damit in Übereinstimmung mit der DSGVO stehen, durchführen darf, solange der Kläger sein Konto nicht löscht und damit den Vertrag mit der Beklagten beendet."

„Absurde“ Argumentation laut Schrems

Schrems nannte diese Argumentation "absurd". "Die wenigen Absätze, wo das Urteil etwas zur DSGVO sagt, erklären wohl, warum man es schnell wieder bleiben hat lassen", meinte er in seiner Stellungnahme. "Datenschutzexperten schütteln hier wohl nur den Kopf", war er überzeugt. "Diesen paar Sätzen wird es wohl so ergehen wie den zwei Urteilen davor: Die oberen Instanzen werden sie um 180 Grad umdrehen", hofft der Aktivist.

Facebook selbst äußerte sich am Mittwoch nur sehr knapp zu der Entscheidung des Wiener Gerichts. Man habe das Urteil erhalten und überprüfe nun den Inhalt, hieß es von einem Sprecher. "Wir halten uns an die Vorgaben der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und haben unsere Dienste im Rahmen unserer kontinuierlichen Bemühungen, Menschen mehr Transparenz und Kontrolle über ihre Daten zu geben, grundlegend verändert", wurde betont. Über eine Berufung hat Facebook noch nicht entschieden.

Auf einen Blick: Schrems versus Facebook

Im August 2014 wollte Max Schrems eine Sammelklage gegen Facebook initiieren. Vom Handelsgericht wurde er dann ans Landesgericht Wien verwiesen. Die Klage beschäftigte dann das Oberlandesgericht (OLG) Wien, den Obersten Gerichtshof (OGH) und sogar den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Im Jänner 2018 entschied der EuGH, dass Schrems zwar keine "Sammelklage" einbringen dürfe, aber das Landesgericht Wien für seine eigenen Ansprüche zuständig sei, da er Facebook rein privat als Verbraucher nutze. Dann wurde das Verfahren wieder an das Handelsgericht überwiesen, bevor es schlussendlich am Landesgericht für Zivilrechtsstrafen landete. Der Prozess begann am 11. November 2019.

(bagre/APA)

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