Im Kino

Da schaut Tarantino alt aus

(c) Victor Juca Fotografia
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Das Action-Horror-Science-Fiction-Drama „Bacurau“ ist ein Widerstandsfeuerwerk aus Brasilien. Derzeit im Gartenbaukino.

Während die Multiplexe ihre Wiedereröffnung aus Bangen um Besucherzahlen und in Ermangelung breitenwirksamer Blockbusterköder von Mitte Juli auf August verschoben haben, feuern die Programmkinos ihre aufgestauten Rücklagen schon seit zwei Wochen ab. Und trotz der erfreulichen Filmvielfalt, die darob in die Säle sprudelt, fragt man sich, ob hier nicht Arbeiten im Schnellschussverfahren verbraten werden, die längere Präsenz und größere Aufmerksamkeit verdient hätten.

Zum Beispiel „Bacurau“ – ein unschubladisierbares Breitwand-Wunderding, das schon in Cannes und auf der Viennale begeisterte. Und nun an drei Terminchen (3., 5., 7. Juli) im Wiener Gartenbaukino bestaunt werden kann. Das brasilianische Regieduo Juliano Dornelles und Kleber Mendonça Filho schleudert darin eine deftige Breitseite gegen die schon 2018 verzwickten, inzwischen noch weiter verschärften Verhältnisse seines Heimatlandes. Und zwar in Form einer ebenso wilden wie üppigen Genrekreuzung.

Action, Horror, Drama, Science-Fiction und Komödie werden in „Bacurau“ zum Zunder eines zornigen Widerstandsfeuerwerks: Als die charakterstarken Bewohner eines nordbrasilianischen Dorfes feststellen, dass ihr Weiler buchstäblich von allen Landkarten verschwunden und ins Visier dubioser Aggressoren geraten ist (deren Anführer mit gewohntem Gusto von Udo Kier verkörpert wird), setzen sie sich energisch zur Wehr. Ein langsamer Aufbau voller markanter Details mündet in eine kathartische Gewaltorgie, die Tarantino alt (und ziemlich unpolitisch) aussehen lässt. Ein Fanal: Inzwischen stecken viele kritische Filmschaffende Brasiliens im bitteren Clinch mit Bolsonaros restriktiver Kulturpolitik. (and)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2020)

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