Fahrbericht

E-Mountainbike als Missing Link zwischen Muskel und Motor

Der Akku ist gut im Unterrohr, der Motor weniger beim Tretlager
Der Akku ist gut im Unterrohr, der Motor weniger beim TretlagerBenedikt Kommenda
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Das Turbo Levo Comp von Specialized ist eines der kräftigsten E-Mountainbikes. Seine größte Stärke liegt aber darin, wie es sich zähmen lässt.

Wien. Wer mit einem E-Mountainbike in die Nähe von „echten“ Bergradlern kommt, kann sich hämischer Blicke und Bemerkungen sicher sein. „Elektrofahrzeug von hinten!“ ist noch eine subtilere Art, wie ein Muskel-Biker einen anderen vor einem Nichtsportler warnt. Es könnte freilich sein, dass der so Spottende noch nie auf einem Turbo Levo Comp von Specialized gesessen ist. Denn auch dies ist ein Sportgerät, wenn auch anderer Art.

Hier ruht der Motor - noch
Hier ruht der Motor - nochBenedikt Kommenda

Die technischen Daten sind das eine: Mit seinem 90-Newtonmeter-Motor und 700-Wattstunden-Akku ist das Levo eines der stärksten und ausdauerndsten Pedelecs auf dem Markt. Noch mehr zählt aber, wie man die enorme Kraft nach Belieben modulieren kann. Mittels der Specialized-eigenen App „Mission Control“ kann man für drei Stufen jeweils die gewünschte Unterstützungsstufe und Spitzenleistung in Fünf-Prozent-Schritten frei wählen. Was sich dabei verändert, sind a) die Kraft, die der Fahrer auf die Pedale bringen muss, um den Motor zur b) maximalen Mitwirkung zu bewegen.

Schneller voran, weiter herum, höher hinauf

Die Einstellmöglichkeiten sind das Missing Link zwischen Muskel und Motor: Man kann das „Elektrofahrzeug“ so justieren, dass man sich bei der Ausfahrt gemessen am Puls genau gleich anstrengt wie mit einem Muskelrad. Bloß dass man schneller voran-, weiter herum- und höher hinaufkommt.

Mehr Anzeige ist nicht nötig: Unterstützungsstufe, Ladestand
Mehr Anzeige ist nicht nötig: Unterstützungsstufe, LadestandBenedikt Kommenda

Die App enthält auch manch unnötige, aber weiter nicht störende Spielerei: So kann man die auf drei blaue Kreissegmente (Eco, Trail, Turbo) und je nach Ladestand mehr oder weniger Striche reduzierte Leuchtanzeige auf dem Oberrohr in den „Stealth Modus“ versetzen und unsichtbar machen (als ließe sich so verbergen, dass es sich um ein E-Bike handelt – Display am Lenker ist ab Werk nicht dabei).

Herzrhythmus steuert den Motor

Interessanter ist ein anderes Feature: Wer einen Brustgurt als Pulsmesser benützt, der über Bluetooth sendet, kann sogar das Fahrrad damit betrauen, die Unterstützung vom Fahrerpuls abhängig zu machen: „Smart Control“ nennt sich die Steuerung, die anhand selbst gewählter Werte der Herzfrequenz Rechnung trägt. Alternativ kann sie regulieren, dass die Akkukapazität sicher noch für eine bestimmte Distanz oder Dauer reicht. Wobei man sich mit einem frisch geladenen Akku nicht sorgen muss (Rekuperation ist bei Mittelmotoren aber unmöglich).

29 Zoll rollen auch bergauf gut
29 Zoll rollen auch bergauf gutBenedikt Kommenda

Das Fahren fühlt sich, zumal dann, wenn man die Beschleunigungs-Sensibilität auf null gestellt hat, so natürlich an, dass man es kaum glauben mag. Und doch verleiht das 6200-Euro-Rad derart übernatürliche Kräfte, dass man – auch dank der großen 29-Zoll-Räder – fast jedes Hindernis bergauf schafft. Man muss dazu nur das Dreimaleins des Mountainbikens beherrschen: treten, treten, treten.

Chefentwickler mit österreichischen Wurzeln

Umgekehrt schleicht sich der Motor auf der Ebene beim erlaubten Höchsttempo (25 km/h plus Toleranz) so sanft davon, dass man es gar nicht merkt. „Dann haben wir einen guten Job gemacht“, sagt Jan Talavasek, Halbösterreicher und Leiter der im Schweizer Ort Cham (Kanton Zug) angesiedelten E-Mountainbike-Entwicklung von Specialized, zur „Presse“.

Gleichwohl bringt das Levo in der Normalversion knapp 23 Kilo auf die Waage. Zur Abwechslung steigt man doch auch ganz gern wieder auf ein graziles normales Bike ohne Akku- und Motorbalast.

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