Virtuelle Realität

Kuratieren im virtuellen Museum

(c) imago images/Westend61 (Uwe Umsto¤tter via www.imago-images.de)
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Virtuelle Realität. Forschende der IMC FH Krems arbeiten an innovativen Methoden zur Erstellung interaktiver, virtueller Räume. Die im Projekt Scan 2 VR entwickelte Technik kommt zunächst in der Kunstmeile Krems zum Einsatz.

Unterhaltungsindustrie, Medizintechnik, Fachkräfteausbildung oder Raumplanung – schon heute wird virtuelle Realität in verschiedensten Bereichen eingesetzt. In Zukunft soll noch viel mehr möglich sein. Auch an der IMC Fachhochschule Krems wird an einer Weiterentwicklung geforscht, etwa im Rahmen des Projekts Scan 2 VR unter der Leitung von Michael Reiner. Partner des Projekts ist die Kunstmeile Krems.

Hier werden die entwickelten Technologien zuerst zum Einsatz kommen: Anhand detaillierter Scans von Räumen und Objekten soll ein virtuelles Museum entstehen. „Kuratoren können damit in der virtuellen Welt Ausstellungen planen“, erklärt Reiner. „Sie können sehen, wo Objekte am besten zur Geltung kommen, wie Beleuchtungssysteme die Wirkung des Raums verändern oder wie ein Raum mit unterschiedlich vielen Besuchern funktioniert.“ Dafür werden Ausstellungsräume zunächst mithilfe eines Laserscanners exakt erfasst und vermessen, Objekte und Personen werden mit Spiegelreflexkameras aus unterschiedlichen Winkeln fotografiert.

Spezielle Software wandelt die gewonnenen Daten anschließend in dreidimensionale Räume und Objekte um. Über eine VR-Brille betreten Kuratoren die so entstandene virtuelle Welt. Dort können sie beispielsweise Objekte platzieren, verschieben oder drehen. Sie können Lampen aufhängen, Beleuchtungsspots ausrichten oder Besucherströme simulieren.

Optimal reduziert

In ihren Grundlagen ist diese Technologie nichts Neues. Dreidimensionale Räume, die für unterschiedliche Zwecke hergestellt werden, gibt es bereits. Reiner und sein Team arbeiten allerdings an einer Optimierung der Software zur Datenverarbeitung. Ein detaillierter Scan ergibt eine riesige Datenmenge aus Vermessungspunkten und Fotos, erklärt der Projektleiter. Diese Daten müssen auf optimale Weise verkleinert werden: „Es soll einerseits in der virtuellen Welt noch gut aussehen, andererseits aber den Rechner nicht überlasten oder vielleicht sogar auf VR-Brillen, die keinen Rechner brauchen, lauffähig sein. Das ist die große Herausforderung.“

Bislang sind virtuelle Räume außerdem meist für spezielle Aufgaben gefertigte Systeme, die nur beschränkte Verwendungsmöglichkeiten bieten. Die Forscher und Forscherinnen aus Krems hingegen konzipieren ein modulares Baukastensystem an virtuellen Welten, die Nutzer individuell anpassen und je nach Bedarf erweitern können.

Zukünftige Anwendungsbereiche beschränken sich freilich nicht allein auf Museen. Von Krankenhäusern über Supermärkte bis hin zur ÖBB: Genau wie Ausstellungsräume lassen sich auch OP-Säle, Geschäftslokale oder Lokomotiven auf diese Weise digitalisieren. Entsprechende Folgeprojekte sind bereits in Planung.

Zunächst aber bekommt das Projekt Scan 2 VR einen Platz in der Kunstmeile Krems. Besucher dürfen dort selbst in die virtuelle Realität eintauchen und eigene Ausstellungen planen. Zwar haben sich die Arbeiten durch die Coronakrise etwas verzögert, Reiner ist aber zuversichtlich, die Station spätestens im Herbst präsentieren zu können. „Ein Feedback der Besucher und Besucherinnen ist extrem wichtig“, betont er. Bis zum Projektabschluss Ende des Jahres sollen diese Rückmeldungen eingearbeitet werden.

Lexikon

Virtuelle Realität (VR) bezeichnet eine computergenerierte Wirklichkeit. Dabei werden meist sogenannte VR-Brillen verwendet. Zwei hochauflösende Displays (eines pro Auge) zeigen Informationen, die zusammen dreidimensionale Bilder ergeben.

In der gemischten Realität (Mixed Reality) oder erweiterten Realität (Augmented Reality) werden zusätzlich zu Bildern der realen Welt virtuelle Objekte oder ergänzende Informationen eingeblendet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2020)

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