Sanfte Grasgipfel reihen sich am Nockberge-Trail in Kärnten auf.
Wandern in Österreich

Noch mehr in die Berge

Die heimischen Urlauber packt die Wanderlust, die Berge rücken stärker in den Fokus. Auf den Hütten schläft man mit Abstand. Das Gepäck ist schneller und wartet im Quartier. Das Netz ist groß genug, um sich aus dem Weg zu gehen.

Die wiederentdeckte Freude an den heimischen Bergen ist freilich nicht neu, sondern eine Entwicklung der jüngsten Jahrzehnte. Durch die Coronakrise aber hat dieser Trend noch weiteren Nährstoff bekommen. Viele, die heuer zu Hause bleiben beziehungsweise auf eine Reise in das „erlaubte“ Ausland verzichten wollen, investieren ihr Budget outdoorlastig und in einen alpinen Lifestyle: sprich in extraleichte Trekkingschuhe, atmungsaktive Kleidung, Rucksack, Teleskopstöcke, Thermosocken, Biwakzelte, Höhenmesser, Helme, Karabiner etc. – und in einige Ferientage zwischen ansehnlichen Gipfeln.

Die aktuelle Buchungslage zeigt: Gefragt ist der klassische Familienhotelaufenthalt mit Frühstücksbuffet, Halbpension und Wellness-Annex im alpinen Österreich durchaus, wobei viele Gäste heuer speziell gern in Form einer Ferienwohnung, eines Chalets oder auch eines Wohnmobils auf Abstand zu den anderen gehen wollen. Die Glücklichen, die sehr früh den richtigen Riecher hatten – oder eine wertvolle Hütten-Connection – werden diese Sommerferien in einem besonders begehrten Gebirgs-Setting erleben dürfen: urig in Vollholz plus Sparherd, mit Fichten rundherum und Kuhglockengebimmel im Hintergrund.

Hinauf, aber nicht der Herde nach

Schon etwas hochalpin: der Dachsteinrundwanderweg.
Schon etwas hochalpin: der Dachsteinrundwanderweg.Marion Vicenta Payr (@ladyvenom)

Alles recht erfreulich für einen Österreich-Tourismus, der von sehr schwierigen Prognosen zu Beginn der Ära Corona ausgegangen war. Das Ausbleiben der internationalen Gäste wird der heimische Urlauber und jener aus der umliegenden Nachbarschaft nicht ganz kompensieren können, sind Touristiker überzeugt. Doch wo Berge sind, gibt's auch einen Weg aus der angekündigten Incomingkatastrophe. Viel Frischluft, viel Bewegung: Das klingt für alpinsportliche Urlauber nach einer feinen Anti-Corona-Kombi, besteht ja die Hoffnung, dass sich die Aerosole mit einem Höhenlüftchen verflüchtigen und die Abwehrkräfte mit den absolvierten Höhenmetern steigen. Allerdings: Der sehr durchschnittliche Bergurlauber ist ein Herdentier und wandert lieber nicht so ganz allein. Manche Wege-Klassiker haben daher heuer mit erhöhter Frequenz zu rechnen. Auf mancher bewirtschafteten Schutzhütte könnten sich die Wirte auch durchaus schwertun, die Babyelefanten zwischen die Wanderer hineinzuschlichten.

Für das Übernachten in luftiger Höhe zumindest ist die Sache geregelt: Zwecks übersichtlicher Belegung melden sich die Bergwanderer vorher an. Manches Bett bleibt zur Sicherheit leer, und manches Lager wird mit Plexiglas in kleinere Schlafeinheiten geteilt.

Es lohnt sich – bei allem Bewegungshunger – vor dem Losreisen und Losgehen die Frage zu stellen: Ist nicht der Nebenberg, das Nebental, der Nebensee genauso schön wie die groß propagierten Routen, Klettersteige, Gipfel oder Alpingewässer? Vielleicht ist ja das Fehlen von überbordender Info das Zeichen, dass gerade eine alpine Leerstelle das lohnendere Ziel ist. Ist nicht die Bilderflut von bestimmten Bergseen, Hängebrücken und Gipfelpanoramen in den sozialen Medien ein Indiz für die Anwesenheit besonders vieler Gleichgesinnter?

Dichtes Wegenetz durch Österreich

Nichts leichter mittlerweile, als die eigenen Wege von den anderen zu entflechten. Österreich ist groß, divers, die Strecken sind von den alpinen Vereinen markiert und gewartet. Kreuz und quer führen griffig benannte Weitwanderwege, und einige selektieren ihren Fußgängerverkehr automatisch, weil sie zu weit sind oder zu steil oder zu fern der touristischen Infrastruktur.

Unabhängig von den Schwierigkeitsgraden wird der Wanderer auf vielen Wegen durch die heimischen Alpen gern serviciert: Das Gepäck wird einem von Tal zu Tal nachbefördert. Die Übernachtungen sind vorgebucht. Muss man den Abstieg zum Hotel noch zu Fuß bewerkstelligen, bringt einen die Bergbahn tags darauf zur Anschlussstelle retour. Manche Route wird begleitet, manche sogar thematisch moderiert, sodass man nicht nur geht und schaut und staunt, sondern auch etwas lernt, von Kräutern bis Geologie. Nur gehen muss man immer noch selber.

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