Hoffen auf die zweite russische Wende

Die teilweise Privatisierung russischer Staatsfirmen könnte ein Anzeichen für das Ende des Putinismus sein. Die Hoffnung lebt.

Im russischen Energiesektor hatten private und ausländische Unternehmen in den vergangenen Jahren nicht viel zu lachen. Aus lukrativen Geschäften wurden sie mit mitunter nicht ganz astreinen Methoden vertrieben, bei Widerstand mittels Vorwürfen wie Steuerhinterziehung oftmals zerschlagen und verstaatlicht. Shell, BP oder Yukos können ein Lied davon singen. Strategisch wichtige Branchen standen im Russland der 2000er-Jahre unter der rigorosen Kontrolle des Kreml.

Nun ist es einem rohstoffreichen Land wie Russland unbenommen, seine Rohstoffe nach eigenem Gutdünken zu verwenden und zu schauen, dass die daraus erzielten Gewinne auch dem Land etwas bringen. Für die Firmen muss es dabei aber Rechtssicherheit und nachvollziehbare Regeln geben. Die chaotischen Jelzin-Jahre brachten zwar Freiheit, sorgten aber dafür, dass der Reichtum auf wenige Oligarchen verteilt wurde. Unter Putin schlug das Pendel in die andere Richtung aus. Der Staat holte sich die Firmen zurück. Auch dabei gab es wieder Oligarchen – diesmal halt von Putins Gnaden.

Dass Russland sich nun von seinen Firmen – teilweise – trennen will, ist daher eine gute Nachricht, auch wenn es aus anderen Motiven geschieht. Eine transparente und faire Privatisierung könnte der Beginn der zweiten Wende in Russland sein. Diese muss kommen, damit Russland ein „normaler“ demokratischer Staat werden kann. 20 Jahre nach dem Ende des Kommunismus könnte die Zeit reif sein. (Bericht: Seite 14)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2010)

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