Ihr müsst das Wort lassen stan!

Der dritte Band von Fritz Peter Knapps Großprojekt zur „Literatur des Hochmittelalters“ beschäftigt sich vor allem mit der Lyrik. Dabei wird deutlich, dass sich Europa schon damals als kulturelle Einheit in Geisteshaltung, Literatur und Kunst herausgebildet hat.

Das Literaturverzeichnis in Fritz Peter Knapps „Blüte der europäischen Literatur des Hochmittelalters“ listet 15 eigene Monografien und Aufsätze zur alteuropäischen, vor allem zur alt- und mittelhochdeutschen Literatur auf, darunter wahrlich keine „Miszellen“, sondern aufsehenerregende Arbeiten, wie Knapps Habilitationsschrift „Similitudo, Stil- und Erzählfunktion von Vergleich und Exempel, in der lateinischen, französischen und deutschen Großepik des Hochmittelalters“, Wien 1975. Darin bedankt er sich im Vorwort neben seinen akademischen Lehrern Blanka Horacek und Helmut Birkhan auch bei seiner Frau. Auf dem Vorsatzblatt steht als Widmung: „Meae uxori obitae.“ Sie gilt also dem Andenken an seinen „Lebensmenschen“, der ihn als Professor in Passau, Kiel und Heidelberg bis zurück in den Ruhestand nach Wien treu begleitet hat.

Nach „Gelehrtes und religiöses Schrifttum und Epos“ in Band 1, „Roman, Kleinepik, Lehrdichtung“ in Band 2 nun also „Lyrik, Schauspiel, altnordische Gattungen“ in Band 3, der „Blüte der europäischen Literatur des Hochmittelalters“. Bei der Erörterung von Walthers von der Vogelweide „Alterston“, in dem es um „Leben und Tod geht“, heißt es einleitend: „Es ist ein Zeichen aller wahrhaft großen Dichtung, dass keine Interpretation ihre Bedeutung auszuschöpfen vermag.“ Knapp selbst aber widerlegt diesen grundsätzlichen Pessimismus, indem er nach „allen Regeln der Kunst“ und den Methoden des „Synthetischen Interpretierens“, vor allem dem „paraliturgischen“ Gehalt, dem biblischen Substrat und der inhärenten Theologie sowie der „Weltanschauung“ in den drei großen Walther-Werken, dem „Alterston“, dem Leich „Got, diner trinitate“, dem umfangreichsten Gedicht, das er eine „geistliche Kontrafaktur“ nennt, und dem sogenannten „Palästinalied“ mit der „Alterselegie“ bis ins Intime hermeneutisch nachgeht.

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