Der Tönnies-Skandal sei Folge der Billigmentalität, sagt Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer. Wegen dieser seien auch die Jobs in der Branche zu wenig attraktiv.
Die Presse: Der deutsche Fleischbetrieb Tönnies, in dem sich im Stammwerk mehr als 1400 Mitarbeiter mit Corona infiziert haben, hat die Branche ins Gespräch gebracht. Hätte das in Österreich auch passieren können?
Josef Moosbrugger: Aus meiner Sicht nicht in dieser Form. Tönnies schlachtet dreimal so viele Schweine wie alle Betriebe in Österreich zusammen. Wir haben kleinere und dadurch krisenfestere Strukturen mit besseren Arbeitsbedingungen. Es bewahrheitet sich einmal mehr das Sprichwort: Billig gibt es nicht, irgendjemand zahlt immer drauf. Hier zeigt sich die Schattenseite dieser extremen weltweiten Billigfleischindustrie. Das ist ein krankes System.
Bei Tönnies arbeiten großteils Osteuropäer, die in miserablen Bedingungen untergebracht sind und das Virus zum Teil vom Heimaturlaub mitgebracht haben. Auch in Österreich hat sich in der Coronakrise gezeigt, dass die Landwirtschaft auf ausländische Arbeiter angewiesen ist. Erntehelfer wurden extra eingeflogen. Klingt nach Schieflage.
Ja, weil der Markt nicht den Preis bezahlt, den man braucht, damit diese Jobs attraktiver werden. Das ist das Dilemma. Solang vorrangig der Preis zählt, schaut man immer, dass man den letzten Cent auch noch herausholt. Das geht irgendwann zulasten von Mensch, Tier und Natur. Österreichs Landwirtschaft produziert sehr nachhaltig, und noch ein Unterschied zu Tönnies ist: Dort arbeiten Werkvertragsnehmer, die Erntehelfer in Österreich sind Angestellte beim Betrieb mit Sozialversicherung und 14 Gehältern.