Die Welt bis gestern

Museen: Die Welt als Sammlung

Satyr als Buttenmann, Vogeldrache, Straußenei, Drache und Nautilusgehäuse: aus der Sammlung Rudolfs II., heute im Kunsthistorischen Museum.
Satyr als Buttenmann, Vogeldrache, Straußenei, Drache und Nautilusgehäuse: aus der Sammlung Rudolfs II., heute im Kunsthistorischen Museum.(c) Massimo Listri
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Sie waren die Urform unserer heutigen Museen: die Kunst- und Wunderkammern mit ihren Sensationen und Raritäten. Ein neuer Bildband zeigt die schönsten davon.

Sie waren Stätten der Sensationen, Raritäten und Kostbarkeiten: Die Kunst- und Wunderkammern brachten die Menschen des 16. und 17. Jahrhunderts zum Staunen. In diesen Frühformen von Museen fand alles, aber wirklich alles seinen Platz: bildende Kunst, wissenschaftliche Geräte, Krokodile, Mineralien, Korallen, Straußeneier, Elfenbeinpokale, Automaten. Die Aufzählung könnte endlos weitergehen, denn die Objekte umfassten alle Bereiche, die die Menschen der Vormoderne interessierten: die Künste ohnehin, aber auch die Wissenschaften von der Astrologie bis zur Medizin, von der Zoologie zur Botanik, von der Metallurgie bis zur Alchemie. Und dies alles in einem spielerischen Nebeneinander.

Wie Pilze schossen die Sammlungen, ausgehend von Italien, überall in Europa aus dem Boden. Die bedeutendsten von ihnen wurden von großen Fürstenhäusern angelegt, man ergötzte sich daran und zeigte die Objekte ausgewählten Gästen. Sie dienten also überwiegend der Repräsentation. Die hohen Herren zeigten ihren humanistischen Bildungshintergrund. Aber auch forschende Patrizier und Gelehrte begründeten Sammlungen. Die Hochphase dieses Furors dauerte fast drei Jahrhunderte und nahm beinah wahnhafte Züge an.

Es gibt aktuell zwei Gelegenheiten, sich mit dem Faszinosum der Wunderkammern auseinanderzusetzen. Eine der bedeutendsten Kunstkammern, die des Habsburgers Rudolf II. aus seiner Prager Residenz, ist heute Bestandteil des Kunsthistorischen Museums in Wien. Das Museum lockt derzeit mehr denn je zuvor inländische Gäste an. Man muss sich nicht inmitten von Touristenmassen an der Kassa durchkämpfen. Es gibt aber noch einen zweiten Grund: Der Taschen-Verlag, berühmt für glanzvoll illustrierte großformatige und (auch) im wahrsten Sinn des Wortes schwergewichtige Bücher, stellt einen mehrsprachigen Band mit exquisiten Fotografien des italienischen Fotografen Massimo Listri vor.

Listri hat eine Reise durch Europa unternommen, um die wichtigsten Kuriositätenkabinette in den Residenzen und Museen zu fotografieren. Fachautoren erklären die Bilder. Die überbordende Vielfalt der Objekte in den Vitrinen wird im Bild festgehalten. Man hat den Glanz, aber auch den Schrecken, die die Sammlungen ausstrahlen, noch nie so inszeniert gesehen. Die Reise geht vom Grünen Gewölbe in Dresden nach Gotha und Halle, in Österreich wird Schloss Ambras, Stift Seitenstetten und das Kunsthistorische Museum besucht, in Dänemark die Kopenhagener Residenz Rosenborg, Florenz, Rom, Paris und London liefern exzeptionelle Beispiele von Spezialsammlungen.

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