Am Herd

Tragt Masken!

Eine Maske zu tragen ist ein bisschen lästig, aber nicht schlimm.
Eine Maske zu tragen ist ein bisschen lästig, aber nicht schlimm.imago images/Westend61
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Ich gebe zu, dass ich manchmal nicht sehr umsichtig mit der Maske umgehe. Ich wasche sie zu selten. Manchmal reiße ich sie herunter und knülle sie einfach in die Tasche.

Meine erste Maske war dunkelblau und ziemlich teuer. Ich hatte sie im Internet bestellt, weil sie elegant war, mit einer dezenten Stickerei am Rand, und weil ich keine Lust mehr darauf hatte, maskenmäßig auf das Wohlwollen der Supermärkte angewiesen zu sein. Für Marlene besorgte ich auch eine: Wir liefen im Partnerlook durch die Mariahilfer Straße, kauften uns im Überschwang – endlich hatten die Geschäfte wieder offen! – zwei identische Paar Schuhe und wurden dreimal auf die Maske angesprochen. Die war nämlich am Vortag im ORF zu sehen gewesen. „Ist das die aus dem Fernsehen?“ Ja, offenbar.

Meine zweite Maske stammte aus einem Laden namens Barbarella. Eine Kollegin hatte mir den Tipp gegeben. Barbarella vertrieb Selbstgenähtes, mit Flaggenmotiven oder im Trachtenstyle, ich wählte eine bordeauxrote mit weißen Punkten. Später kam noch eine grüne aus einem Comicladen und eine lustige aus der Apotheke dazu, aber eigentlich verwende ich immer nur die gepunktete. Ein wenig ist es wie mit den BHs: Man hat eine ganze Lade davon und trägt trotzdem dauernd denselben, weil er vergleichsweise bequem ist.

So harte Maßnahmen! Ich gebe zu, dass ich manchmal nicht sehr umsichtig mit der Maske umgehe. Ich wasche sie zu selten. Manchmal steige ich aus der Bim, reiße sie schnell herunter und stopfe sie einfach in die Tasche, in der sie dann zerknüllt bleibt, bis ich sie wieder brauche. Ich mag sie nicht. Ich habe das Gefühl, ich bekomme schwerer Luft. Mir wird heiß. Aber ich habe mir trotzdem vorgenommen, sie weiterzutragen, zum Beispiel im Supermarkt – auch wenn ich nicht mehr muss.

Das fällt mir nicht immer leicht. Oft bin ich die Einzige im Geschäft. Oft frage ich mich, was das dann für einen Sinn haben soll. Aber dann denke ich daran, wie mein Risikomann im März ob der sprunghaft steigenden Zahlen aufs Land geflüchtet ist, überstürzt, von heute auf morgen, und ich den Kofferraum seines Mietautos mit Nudeln, Konservendosen und Tiefkühllachs gefüllt habe. Daran, wie lang ich meine Freundin nicht sehen konnte, und nein: Telefonieren ist kein Ersatz. An den Kollegen, dessen Mutter im Pflegeheim vereinsamte. Mir fallen die verrammelten Lokale und verzweifelten Ladenbesitzer ein, geschlossene Grenzen und das unerreichbare Meer. Mein Vater, der um seinen Freund bangte. Meine Mutter, die ihre Enkelkinder nicht sehen konnte. Wir mussten auf so vieles verzichten und müssen es immer noch – und manche Maßnahmen sind wirklich hart gewesen.

Eine Maske zu tragen, während man Milch, Nudeln und Obst in den Einkaufswagen schlichtet, ist dagegen zwar ein bisschen lästig.

Aber schlimm ist es nicht.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

www.diepresse.com/amherd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2020)

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