Das kontroverse Spielberg-Spektakel

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Formel 1. Valtteri Bottas gewann den Saisonauftakt in Spielberg, Lewis Hamilton verlor seinen Podestplatz auf der Zielgeraden an McLaren-Youngster Lando Norris. Sechs Fahrer lehnten das gemeinsame Knien als Geste gegen Rassismus ab.

Spielberg/Wien. Die erste Ausfahrt ins neue Glück ist der Formel 1 gelungen. Vor leeren Rängen und von der Außenwelt isoliert startete die Rennserie als erste internationale Sportart am Sonntag nach/in der Corona-Pandemie ihre Saison auf dem Red-Bull-Ring. Es war das erste von vorerst acht fixierten Rennen, durchaus spektakulär und mit lieferte mit neun Ausfällen und ein paar Streitigkeiten ein gänzlich unerwartetes Podest.

Der Finne Valtteri Bottas (Mercedes) siegte vor Charles Leclerc (Ferrari) und Lando Norris (20, jüngster Pilot im Feld, McLaren), der von einer Fünf-Sekunden-Zeitstrafe für Lewis Hamilton, der Vierter wurde, profitierte. Der F1-Tross bleibt in der Steiermark, am 12. Juli wartet der nächste GP. Dann geht es weiter nach Budapest, Silverstone, Barcelona, Spa und Imola. Wie und ob es Ende August weitergehen wird, ist weiterhin offen.

Uneinigkeit beim Knien

Es war die, für TV-Zuschauer, gewohnte Show. Und doch gab es Nebengeräusche. Zuerst mit Musik und Flugzeug-Lärm, dann mit Uneinigkeit im Protest. Sechs Piloten – darunter Leclerc (Ferrari) oder Max Verstappen (RB Racing) –, lehnten die von Hamilton erhoffte Geste des Kniens gegen Rassismus vor dem GP-Start ab – und blieben stehen. „Ich glaube, dass Fakten und Verhaltensweisen in unserem täglichen Leben mehr zählen als förmliche Gesten, die in manchen Ländern umstritten sein könnten“, erklärte Leclerc dazu auf Twitter. Alle trugen jedoch schwarze T-Shirts, und selbst da war man sich nicht einig. 19 trugen die Aufschrift „End Racism“. Hamiltons Shirt zeigte: „Black lives matter“.

Ansonst glich der Grand Prix lange wie jedem anderen Rennen zuvor auch. Mercedes dominierte, selbst Strafversetzungen (Hamilton von zwei auf fünf) nützen da noch nichts, weil Ausfälle (Verstappen), Taktik und Motorleistung überwogen. Eine Kollision von Hamilton mit RB-Fahrer Albon bescherte dem Mercedes-Star eine umstrittene Fünf-Sekunden-Strafe, die alles auf den Kopf stellte. Bottas gewann, hinter ihm verhinderte Leclerc als Zweiter eine Ferrari-Blamage und auch Norris schrieb Geschichte. Der Brite ist als 20-Jähriger der drittjüngste Pilot der F1-Historie auf dem Podest.

Bottas musste bei der Siegerehrung auf der Strecke eine Maske tragen. Er war trotzdem glücklich, denn er durfte (zum achten Mal) mit Champagner spritzen. Darauf soll übrigens der Getränkehersteller gedrängt haben.

Gibt es überhaupt 15 Rennen?

Bei aller Freude über das rasante Rennen fährt weiterhin Sorge in der „Königsklasse“ mit. Über 4000 Tests zeigen, dass die Formel 1 die Pandemie ernst nimmt und sich dagegen gewappnet hat. Nur, wie lange gelingt die selbst-verordnete Selbstisolation? Vor allem, bleibt es bei nur acht Rennen, wo geht die WM im Herbst weiter?
15 GP sind nötig, um die vollen TV-Gelder zu erhalten. Acht genügen, um einen Weltmeister zu küren. Bis 13. Dezember will die Serie ihren Rennbetrieb in Europa, Asien und letzten Endes in Bahrain und Abu Dhabi durchziehen.

„Wir sind in einer Krisensituation“, sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Große Hersteller treffe es genauso wie kleinere Teams, doch die unbestritten härter. Jeder klammere sich an die Performance der Formel 1. Sind aber „Große Preise“ in den USA, Mexiko oder Brasilien, bei diesen Infektionszahlen, denkbar? „Das kann ich mir nicht vorstellen“, meint Wolff. Für die Formel 1 hat die Fahrt ins Ungewisse also am Sonntag erst begonnen.

Unter dem wirtschaftlichen Druck der Pandemie wurde, trotz mehrfacher Einwände und Vorbehalte, ein Rettungspaket geschnürt. Die neue Budgetgrenze, wurde für 2021 auf 135 Millionen Dollar pro Team gesenkt. Die mit hohen Ausgaben verbundene Reform wurde auf 2022 verschoben. Und doch, auch vor Spielberg wurde gestritten über technische Errungenschaften (DAS-System der Mercedes-Lenkräder), es wurde protestiert und die Stewards gleich zweimal mit Videos bemüht. Dazu gesellten sich fromme Wünsche, Mercedes könnte doch für Sebastian Vettel, der einen neuen Rennstall suchen muss nach seinem Rauswurf bei Ferrari, die Türen öffnen. Wolff mimte den Diplomaten, Daimler-Konzernchef Ola Källenius nicht. Vettel habe keine Chance, man habe bereits zwei Fahrer.

Geld, Champagner, Uneinigkeit, Streit, Intrigen, Strafen und Gerüchte – die Welt der Formel 1 scheint heil wie eh und je.

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"Ich glaube, dass Fakten und Verhaltensweisen in unserem täglichen Leben mehr zählen als förmliche Gesten, die in manchen Ländern umstritten sein könnten", erklärte Ferrari-Pilot Charles Leclerc und blieb wie fünf weitere Piloten stehen.

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