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Nationalrat beschließt Steuerreform - und streitet über Favoriten

NATIONALRAT: NEHAMMER/KICKL
NATIONALRAT: NEHAMMER/KICKLAPA/ROBERT JAEGER
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Der Eingangssteuersatz sinkt auf 20 Prozent, die Flugticketabgabe für die Langstrecke erhöht. Für die Forstwirtschaft gibt es einen 350 Millionen schweren Waldfonds.

Der Nationalrat hat am Dienstag ein Gesetz zur Konjunkturstärkung einstimmig, eines zur Investitionsförderung nur gegen die Stimmen der FPÖ beschlossen. Zentraler Punkt ist das Steuerpaket, das den Eingangssatz bei der Einkommenssteuer rückwirkend ab Jahresbeginn von 25 auf 20 Prozent senkt. Der SPÖ war all das angesichts der Coronakrise zu wenig, die Neos kritisierten Geldverteilung nach dem Gießkannenprinzip.

Für Arbeitnehmer, die so wenig (bis 11.000 Euro, Anm.) verdienen, dass sie keine Lohnsteuer zahlen und von der Steuersenkung nichts haben, gibt es 100 Euro mehr Negativsteuer. Weiters wurde der befristet geltende Höchststeuersatz von 55 Prozent für Spitzenverdiener bis 2025 verlängert.

Eine weitere Neuerung ist die degressive Abschreibung. Bei größeren Investitionen bringt das zu Beginn Steuervorteile und damit eventuell mehr Liquidität. Firmen bekommen zudem die Möglichkeit eines Verlustrücktrags. Schließlich ist noch ein Bauernpaket enthalten. Für Landwirte ist unter anderem eine Dreijahresverteilung für Gewinne vorgesehen. Mit Abänderungsantrag wurde dies auch auf Forstwirte erstreckt.

Für Flüge ab dem 31. August 2020 wird die Flugabgabe erhöht. Für Kurzstreckenflüge (bis 350 km) werden künftig 30 Euro pro Ticket für Kurzstreckenflüge fällig, während für sonstige Flüge 12 Euro pro Ticket gelten.

Ebenfalls beschlossen wurde die siebenprozentige Covid-19-Investitionsprämie, mit der die Regierung Anreize für Unternehmen schaffen und damit der aktuell zurückhaltenden Investitionsneigung entgegenwirken will. Für Investitionen im Zusammenhang mit Digitalisierung, Ökologisierung, Gesundheit/Life Science ist eine Verdoppelung der Prämie vorgesehen. Das Förderprogramm, für das ein Budget in der Höhe von einer Milliarde Euro zur Verfügung steht, soll mit 1. September 2020 starten.

Kickl: Nehammer „Sponge Bob der Innenpolitik“ 

Eröffnet wurde die Sitzung mit einer "Aktuellen Stunde". Auf Wunsch der FPÖ ging es um die Ausschreitungen rund um kurdische Demonstrationen in Wien Favoriten. Hauptadressaten von Kritik waren während der Debatte dabei die Bundes-ÖVP und die Wiener SPÖ.

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl sprach dabei von "Wahnsinn". Als Schuldige sah er die ÖVP und ihr "Totalversagen im Bereich Zuwanderung, Asyl und Integration". Besonders ins Visier nahm Kickl seinen Nachfolger als Innenminister, Karl Nehammer (ÖVP), für ihn der "Sponge Bob der Innenpolitik", dem er empfahl: "Sie sollten weniger bellen und mehr beißen."

Der Angesprochene antwortete prompt: "Jeder Gewalttäter und jeder, der gegen das Symbolgesetz verstoßen hat, wird zur Rechenschaft gezogen." Ausschreitungen jeglicher Art hätten in Österreich keinen Platz. In Richtung Türkei sagte Nehammer, dass, wenn "ein anderes Land" versuche, hierzulande Unruhe zu stiften, dieses die "volle Konsequenz der Republik Österreich" kennen lernen werde. Die Demonstranten schilderte der Innenminister als außerordentlich: "Sie waren bereit zur totalen Gewalt gegen Mensch und Tier."

Kritik an ÖVP-Umgang mit Integrationsagenden

Die politischen Angriffe der Volkspartei in Richtung Wiener Stadtregierung überließ Nehammer dem ÖVP-Sicherheitssprecher, Karl Mahrer. Das Aufeinandertreffen der Gruppierungen sei ja kein Zufall gewesen, sondern die Spitze eines Eisbergs: "Wir haben in Wien ein massives Integrationsproblem." Und dafür sei die Wiener Stadtregierung verantwortlich. Der stellvertretende Klubchef der SPÖ, Jörg Leichtfried, empfahl Mahrer, vor der eigenen Tür zu kehren. "Beschweren Sie sich doch bei ihm", sagte er mit Bezug darauf, dass der heutige Kanzler, Sebastian Kurz (ÖVP), über Jahre für die Integrationsagenden in der Regierung zuständig gewesen war und das Thema auch jetzt noch in der Hand der Volkspartei ressortiert.

Zu den Ausschreitungen meinte Leichtfried, es gehe um rechtsextreme Gewalt - und diese habe in Österreich nichts verloren. Es werde alle Anstrengungen gegen jene geben, die das Miteinander in Österreich gefährden. Für mitschuldig hält er Kickl wegen dessen "Überfall" auf das BVT und speziell auf die Rechtsextremismus-Abteilung: "Das haben sie jetzt davon." Der freiheitliche Mandatar Hannes Amesbauer kehrte lieber zu Kurz zurück. Er hielt dem Auditorium bei seiner Rede ein älteres Foto des heutigen Kanzlers entgegen, auf dem Männer beim Wolfsgruß zu sehen sind. Unter anderem den Grünen hielt er vor, sich auf eine Seite in dem Konflikt zwischen Kurden und Türken zu stellen - "skandalös" für Amesbauer.

Seitens der Grünen warb die Abgeordnete Faika El-Nagashi dafür die Ereignisse nicht für politisches Kleingeld und Stimmenfang zu verwenden, auch wenn die Versuchung noch so groß sein möge. Was es jetzt brauche, sei ein Schulterschluss im Kampf gegen Faschismus und Rechtsextremismus. Neos-Klubvize Nikolaus Scherak betonte, dass man als wehrhafte Demokratie solchen Entwicklungen mit den Möglichkeiten des Rechtsstaats entgegentreten müsse. Daneben sollte geredet werden: "Selbst mit Leuten, die nicht allzu dialogbereit sind, sollte man Dialog halten." Der Polizei attestierte Scherak, mit ihrem besonnenen Auftreten Schlimmeres verhindert zu haben.

(APA)

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