Konjunktur

EU-Prognose für Österreich nach unten revidiert

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Die Coronakrise hinterlässt tiefe Spuren am heimischen Arbeitsmarkt. In der gesamten EU dürfte das BIP dieses Jahr um 8,3 Prozent schrumpfen.

Die Coronakrise wird die Eurozone laut Prognose der EU noch tiefer in die Rezession stürzen als gedacht. Die EU-Kommission veranschlagt für 2020 ein Schrumpfen der Wirtschaft um 8,7 Prozent, wie aus der am Dienstag veröffentlichten Vorhersage hervorgeht. Im Frühjahr hatte sie lediglich ein Minus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 7,7 Prozent auf dem Zettel.

Der Ausblick fällt nun auch deshalb düsterer aus, weil sich die Folgen des Lockdowns als gravierender erweisen als gedacht. Den Staaten an der Südflanke der Währungsunion brechen zudem wichtige Einnahmen aus dem Tourismus weg. Italien, Spanien und auch Frankreich werden laut EU-Prognose 2020 jeweils mehr als ein Zehntel ihrer Wirtschaftsleistung einbüßen.

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni mahnte daher eine rasche politische Einigung auf den geplanten Wiederaufbaufonds an, der für "neue Zuversicht und Finanzmittel" in Krisenzeiten sorgen könne. Auf dem EU-Gipfel Mitte Juli steht ein Finanzpaket aus dem EU-Haushaltsrahmen für die nächsten sieben Jahre und dem von Deutschland und Frankreich vorgeschlagenen Wiederaufbaufonds zur Debatte. Die EU-Kommission will 250 Milliarden Euro an Krediten anbieten. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron schlagen zudem vor, den von der Viruskrise besonders betroffenen Staaten 500 Milliarden Euro als Zuschüsse zu zahlen. Die deutsche Kanzlerin drängt auf eine rasche Einigung und warnte jüngst davor, dass die EU ansonsten Anfang 2021 "vor dem Nichts" stehen könnte. Die Regierung der Niederlande sieht allerdings keine Dringlichkeit, dass sich die EU bereits am 17. Juli auf den geplanten Wiederaufbaufonds einige. Gentiloni pocht hingegen wie Merkel auf eine rasche und enge Koordination auf EU-Ebene, damit Europa "stärker und geeint" aus der Krise hervorgehen könne.

Als zusätzliches Argument für eine rasche Einigung dürfte die Prognose der Kommission dienen. Brüssel erwartet für 2021 eine schwächere Erholung: Statt der im Frühjahr prognostizierten Zunahme des BIP um 6,3 Prozent wird es laut Kommission wohl nur zu plus 6,1 Prozent reichen. Die konjunkturelle Erholung werde zwar im zweiten Halbjahr 2020 an Dynamik gewinnen. Doch werde sich diese "unvollständig und ungleichmäßig" in den einzelnen Staaten vollziehen.

Dies zeigt sich auch in den Prognosen für die BIP-Entwicklung in den Mitgliedsländern. Während die deutsche Wirtschaft heuer um 6,3 Prozent schrumpfen dürfte, sieht Brüssel für die drei weiteren Schwergewichte der Eurozone zweistellige Minus-Werte beim BIP voraus: für Frankreich minus 10,6 Prozent, für Spanien minus 10,9 Prozent und für Italien sogar minus 11,2 Prozent.

Für Österreich hat die EU-Kommission in ihrer Sommerprognose die Erwartung für Österreich wegen der Folgen des Coronalockdowns weiter nach unten revidiert. Für 2020 rechnet die Brüsseler Behörde nun mit einem Einbruch des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 7,1 Prozent, im Frühjahr war noch ein Einbruch von 5,5 Prozent erwartet worden. Für 2021 geht die EU von einem etwas stärkeren Wachstum von 5,6 Prozent aus. Im Frühjahr war für kommendes Jahr mit einem Plus von 5 Prozent gerechnet worden.

Kommissar Gentiloni geht davon aus, dass die Wirtschaft in seinem Heimatland Italien im dritten Quartal wieder Tritt fassen und dabei von Maßnahmen der Politik profitieren werde. Die Regierung in Rom hat ein umfassendes Reformpaket beschlossen, um die überbordende Bürokratie abzubauen und der von der Coronaviruskrise geschwächten Wirtschaft auf die Beine zu helfen. Nach wochenlangen Verhandlungen einigte sich die Koalition aus Sozialdemokraten und 5 Sternen auf die von Ministerpräsident Giuseppe Conte so bezeichnete "Mutter aller Reformen". Details müssen noch ausgearbeitet werden. Der 174 Seiten umfassende Gesetzesentwurf reicht von öffentlichen Ausschreibungen über Digitalisierung bis hin zu Regeln für Kapitalerhöhungen und die strafrechtliche Verantwortung von Beamten.

(APA)

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