Leitartikel

Coronahilfen sind keine Therapie, sondern bloß ein Schmerzmittel

Der Hilfsfonds ist wichtig, doch er kann weder überfällige Strukturreformen noch die verschleppte Vollendung des EU-Binnenmarkts ersetzen.

Das wird wohl nichts mit der baldigen Rückkehr zur Normalität: Die EU geht seit gestern davon aus, dass die durch Covid-19 verursachte Rezession noch schlimmer und der darauf folgende Aufschwung noch schwächer ausfallen werden als befürchtet. Und auch diese Kalkulation basiert auf einer wackeligen Grundannahme: nämlich dem Ausbleiben einer zweiten großen Coronawelle im Herbst. Dieser heroische Optimismus könnte demnächst auf die Probe gestellt werden, denn ein schwer bezifferbarer Teil der Europäer arbeitet dieser Tage im Schweiße des Angesichts an der Produktion von Seuchenherden. Es ist nicht auszuschließen, dass wir uns nach dem Sommer mit einer Berechnung konfrontiert sehen, die nicht bloß eine tiefe Rezession, sondern eine seichte Depression prognostiziert – also ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um mindestens ein Zehntel. Die Eurozone ist von diesem größten anzunehmenden konjunkturellen Unfall nur noch 1,3 Prozentpunkte entfernt.

Das Bild, das die EU-Kommission am Dienstag skizzierte, ist allerdings nicht uniform rabenschwarz, sondern hat auch dunkelgraue Einsprengsel. Deutschland und Polen beispielsweise werden heuer mit 6,3 bzw. 4,6 Prozent des BIPs vergleichsweise wenig schrumpfen. Auch Österreich schlägt sich mit einem Minus von 7,1 Prozent relativ wacker. Am anderen Ende des Spektrums finden sich die Südeuropäer wieder: Italien, Spanien und Frankreich ist die Depression heuer so sicher wie das Amen im Gebet.

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