Saab-Ende

Wieder alles anders bei der Luft­raum­über­wachung: Tanner prüft Leasing-Modell

Austrian Defense Minister Klaudia Tanner is seen ahead of an exercise to prevent migrants from crossing the Austrian border from Hungary in Nickelsdorf
Austrian Defense Minister Klaudia Tanner is seen ahead of an exercise to prevent migrants from crossing the Austrian border from Hungary in NickelsdorfREUTERS
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Das Verteidigungsministerium vollzieht einmal mehr einen Kurswechsel innerhalb weniger Tage: Nach dem Ende der Saab-Ära in der Luftraumüberwachung könnte möglicherweise ein Leasing-Modell kommen.

Im Verteidigungsministerium gibt es wieder einmal neue Pläne. Im Vortrag von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) an den Ministerrat vom Mittwoch ist plötzlich von einer "Überbrückungslösung mit Leasing-Modell" in Sachen Luftraumüberwachungsjets ohne nähere Präzisierung die Rede. Im Verteidigungsministerium erklärt man, das würde sich auf einen Ersatz für die Eurofighter im Falle eines Vertragsausstiegs beziehen.

In dem Ministerratsvortrag fasst die Ressortchefin die aktuelle Lage wie bereits bekannt noch einmal zusammen: Derzeit betreibt das Bundesheer ein Zweiflotten-System für die aktive Luftraumüberwachung mit 15 Überschallfliegern Eurofighter und 12 Saab 105 OE Unterschallfliegern für Schulungen, Ausbildung und als Ergänzung für die Luftraumüberwachung. Aufgrund des Endes der technischen Lebensdauer muss die Saab 105 nach 50 Jahren Ende 2020 "ausgephast" werden.

„Überbrückungslösung mit Leasing-Modell“ 

In den letzten drei Jahren gab es drei verschiedene Kommissionen bzw. Expertenberichte, die unter drei verschiedenen Ministern erstellt wurden. In den Berichten wurden die möglichen nächsten Schritte in Bezug auf die Luftraumüberwachung in Österreich analysiert. Diese Berichte zeigen kein einheitliches Bild. Die Ministerin schildert auch den juristischen Streit mit dem Eurofighter-Hersteller Airbus und bekräftigt neuerlich, dass die Republik Österreich weiterhin alle Rechtsmittel ausschöpfen werde, um den Eurofighter Vertrag rückabzuwickeln und für den entstandenen Schaden entschädigt zu werden.

Am Ende werden vier Punkte für die weitere Vorgehensweise aufgezählt: Die Saab 105 wird "ausgephast" und nicht nachbeschafft, es werden Maßnahmen gesetzt, die Luftraumüberwachung und die Ausbildung der Piloten weiterhin zu gewährleisten und es "wird eine Überbrückungslösung mit Leasing-Modell ehestmöglich geprüft". Dieser Punkt war bisher nicht bekannt. Es wurde kommuniziert, dass mit den 15 Eurofightern weitergemacht wird bis der juristische Streit mit Eurofighter-Hersteller Airbus geklärt ist. Nun heißt es im Ministerium, man prüfe für den Fall einer Rückabwicklung des Eurofighter-Vertrags eine Überbrückungslösung. Das sei immer schon so geplant gewesen.

Als vierten Punkt führt die Ministerin einen breiten Diskussionsprozess über die Grundlagen, Rahmenbedingungen und zukünftige Ausrichtung der Luftraumüberwachung auf parlamentarischer Ebene an. Dazu bittet sie Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) darum, mit allen Klubs des Nationalrates die Möglichkeit der Abhaltung einer parlamentarischen Enquete-Kommission zum Thema der Zukunft der österreichischen Luftraumüberwachung im Herbst 2020 zu erörtern.

Einvernehmliche Lösung? „Ganz sicher nicht“ 

Später erklärte Tanner vor Soldaten in Linz, sie peile "ganz sicher nicht" eine einvernehmliche Lösung mit Airbus in Sachen Eurofighter an. Zur Frage des Vertrags mit Eurofighter betonte sie, Österreich dürfe keine Entscheidung treffen, die seine Position in den anhängigen Verfahren gefährde. Die Verfahrensdauer sei nicht abschätzbar, daher dürfe man sich nicht lange Zeit lassen nach einer Überbrückungslösung zu suchen, sondern müsse diese "ehestmöglich prüfen".

„Jeden Tag eine neue Idee“ 

SPÖ und FPÖ übten neuerlich scharfe Kritik an Tanner. "Anstatt ein klares Konzept vorzulegen, versteckt sich die Ministerin hinter dem Parlament, um von ihrer Unfähigkeit abzulenken", sagte SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer zum Vorschlag von Tanner, eine parlamentarischen Enquete zur Luftraumüberwachung abzuhalten. "Die Orientierungslosigkeit von Landesverteidigungsministerin Tanner nimmt kein Ende. Jetzt fordern sie und die türkise ÖVP einen parlamentarischen Ideenwettbewerb zu der in der Verfassung vorgegebenen militärischen Aufgabe der Luftraumüberwachung", so Laimer weiter. Selbstverständlich sei das Parlament, etwa bei der Neugestaltung der nationalen Sicherheitsstrategie, einzubinden, aber nicht bei Anschaffungen, die ausschließlich in der Verantwortung der Ministerin liegen. "Das ist Ihr Job, Frau Ministerin, Ihre Verantwortung, die Verantwortung der Bundesregierung." Die "dargebotene Hilflosigkeit, die Tanner seit Beginn ihrer Amtszeit an den Tag legt" sei "fatal für die Republik", urteilte der SPÖ-Wehrsprecher.

FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer sprach in einer Aussendung von "Bocksprüngen, die zeigen, dass an der Spitze des Ministeriums blankes Chaos herrscht, was unser Sorge um die Sicherheit unserer Heimat weiter vergrößert". "Die Anschaffung von Fluggeräten für die Luftraumüberwachung ist ein Vorgang, der mehrere Jahre Vorlauf in Anspruch nimmt. Die Verteidigungsministerin verwechselt das offenbar mit 'Willhaben', wo man auf Knopfdruck Waren kaufen kann. Eine Leasing-Variante als Überbrückungsvariante zu prüfen, ist ein weiterer Beweis für die Unkenntnis der Ministerin in der gesamten Materie", so Hofer. Die FPÖ erwarte sich von Tanner "nicht jeden Tag eine neue Idee, sondern endlich eine Entscheidung, die auch dem verfassungsmäßigen Auftrag zur militärischen Landesverteidigung entspricht", so Hofer.

(APA)

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