Der Druck hin zu ideologischer Konformität verengt täglich mehr die öffentliche Debatte. Weltberühmte Autoren wie J.K. Rowling und Margaret Atwood warnen jetzt schon davor. Aktivistische Reflexe bringen auch viel Unsinn hervor - wie jüngst in Berlin.
Eine „Moralisierung“ des öffentlichen Diskurses zu beklagen, ist nicht ideal. Das Wort legt den Verdacht nahe, dass den Kritikern die Moral überhaupt eher lästig ist. Aber es hat nichts mit Abwertung von Moral zu tun, einen moralischen Monopolanspruch zu kritisieren. Dieser besteht unter anderem darin, konkrete Maßnahmen für ein bestimmtes großes Ziel, etwa soziale Gerechtigkeit oder Kampf gegen Diskriminierung, mit dem Ziel selbst gleichzusetzen. Dann ist allein schon verdächtig, wer andere Mittel sinnvoller findet.
Nicht nur ein Klima moralischer Verdächtigung ist dabei entstanden. Eine Renaissance hat dabei auch die Vorstellung vom „gefährlichen Denken“ erlebt. Früher war das von autoritären Systemen bekannt – familiären, politischen, religiösen. In der Aufsicht über Kinder oder über Untertanen in Zensurzeiten konnte jede bedenkliche Meinung eine zu viel sein, jedes Wort gefährlich. Unerbittlich waren Einflüsterungen des Teufels abzuwehren.
Die „blind machende moralische Gewissheit"
Da alle, die nicht eindeutig auf der „richtigen“ Seite stehen, per se moralisch verdächtig sind, gilt ihr Wort auch schnell nicht mehr. Da hilft es nur noch, wenn die Kritik an einem immer illiberaleren Diskurs aus einer (zumindest bislang) unverdächtigen Ecke kommt.