Nach der Massenpanik bei der Loveparade verweist man in Österreich darauf, dass so etwas hier nicht passieren könnte. Arrogant?
Das könnte bei uns nie passieren – ein gängiger Reflex, der nach tragischen Ereignissen gerne einsetzt. Und tatsächlich hört man nach der Massenpanik bei der Loveparade in Duisburg, bei der zwanzig Menschen gestorben sind, hierzulande häufig genau diesen Satz von Konzertveranstaltern und Behörden. Immerhin, man ist damit in einer angenehmeren Situation als die Veranstalter und Behörden in Deutschland. Die können zwar auf der rhetorischen Ebene die Verantwortung von sich weisen, doch das Problem haben sie in jedem Fall schon. Alle anderen können jetzt darüber philosophieren, wie sie es gemacht hätten, und dass eine solche Veranstaltung unter diesen Bedingungen bei uns nie hätte stattfinden können.
Tatsächlich muss man schon recht weit zurückblättern, um in Österreich auf ein Ereignis vergleichbarer Größe zurückblicken zu können. Es war im Dezember 1999, als im Innsbrucker Bergisel-Stadion bei einem Snowboard-Event fünf Frauen von den Massen erdrückt wurden. Ein Ereignis, von dem man gelernt hat. Seither ist es nicht mehr so einfach, Warnungen von Polizei und Sicherheitsexperten in den Wind zu schlagen. Seither hat sich viel getan – und wird weiterhin viel gemacht –, um auch die kleinste Eventualität auszuschließen. Arroganz, aber auch das trügerische Gefühl von Sicherheit sind dennoch nicht angebracht. Denn erinnern wir uns – vor der Seilbahnkatastrophe in Kaprun dachte man hierzulande auch, dass so etwas bei uns nie passieren könnte.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2010)