Brasilien

Coronavirus: Bolsonaro stoppt Hilfe für Indigene

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro
Brasiliens Präsident Jair Bolsonarovia REUTERS TV
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Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat als erste Amtshandlung nach seinem positiven Corona-Test sein Veto gegen ein Hilfspaket für Indigene und eine Gruppe von Afrobrasilianer während der Pandemie eingelegt.

Kein Kurswechsel trotz Corona-Diagnose: Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat als erste Amtshandlung nach seinem positiven Corona-Test sein Veto gegen ein Hilfspaket für Indigene und eine Gruppe von Afrobrasilianer während der Pandemie eingelegt.

Mit der Unterschrift stoppte der rechte Staatschef am Mittwoch vorläufig ein Gesetz, das die Behörden verpflichten würde, Ureinwohnern und einer Gruppe von Schwarzen Zugang zu Trinkwasser, Desinfektionsmitteln und ärztlicher Versorgung zu garantieren.

Wie die österreichische Brasilien-Expertin Ursula Prutsch von der Universität München der APA mitteilte, habe der Präsident sein Veto gegen "Indigene, indigene Dörfer und Quilombolas" eingelegt. "Die Quilombolas sind Nachfahren ehemaliger Sklaven, die entflohen waren und Land besetzt hatten (die Quilombos). In Brasilien gibt es etwa 200 solcher Quilombolas, das sind Mini-Gemeinden, deren Landrechte durch die Verfassung geschützt sind. Freilich sind die Nachfahren Afro-Brasilianer. Doch das ist eine marginale Gruppe. Quilombolas gelten als eigene Ethnie."

Mehr als 10.000 Indigene an Covid erkrankt

Ein Richter am Obersten Gerichtshof verpflichtete die Regierung daraufhin zu einer Reihe von Maßnahmen zum Schutz der indigenen Bevölkerung. So sollen ein Krisenkomitee eingerichtet, ein Pandemieplan zum Schutz der Ureinwohner ausgearbeitet und der Zugang der Indigenen zum Gesundheitswesen garantiert werden, ordnete Luís Roberto Barroso am Mittwoch an. Indigenen-Verbände hatten zuvor erklärt, dass bereits mehr als 10.000 Ureinwohner mit dem Coronavirus infiziert seien und die Sterblichkeit in dieser Gruppe fast doppelt so hoch sei wie im Rest der Bevölkerung.

Am Tag zuvor hatte Bolsonaro mitgeteilt, sich mit dem Coronavirus angesteckt zu haben. "Schaut mich an, mir geht es gut", sagte er, als er nach seiner Ansprache vor Journalisten ein paar Schritte zurückging und die Maske abnahm. "Das Leben geht weiter." Er will in den kommenden Tagen in seiner Residenz in Brasília bleiben und die Regierungsgeschäfte über Videoschalten führen. Für diese Woche geplante Reisen nach Bahia und Minas Gerais sagte Bolsonaro ab.

Die Zahl der Corona-Toten im größten Land Lateinamerikas stieg indes binnen 24 Stunden um 1254 - das ist einer der höchsten Werte der vergangenen Wochen. Brasilien ist neben den USA derzeit einer der Brennpunkte der Corona-Pandemie. Bislang haben sich in dem lateinamerikanischen Land 1,6 Millionen Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert, 66.741 Patienten sind im Zusammenhang mit der Lungenkrankheit Covid-19 gestorben. Experten gehen davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen noch deutlich höher liegen, da in Brasilien nur recht wenig getestet wird.

Wegen seines laxen Umgangs mit der Pandemie steht Bolsonaro schon seit langem in der Kritik. Er bezeichnete die Lungenkrankheit Covid-19 immer wieder als "leichte Grippe" und stemmte sich gegen Schutzmaßnahmen. Er zeigte sich häufig ohne Mundschutz in der Öffentlichkeit, löste Massenaufläufe aus und machte Selfies mit Anhängern.

Leichter Verlauf könnte Bolsonaro politisch nützen

Seine eigene Erkrankung könnte ihm politisch jetzt sogar nützen. Nimmt sie bei ihm einen leichten Verlauf, dürfte er sich als lebender Beweis inszenieren, dass das Virus nicht besonders gefährlich sei. Erwischt es ihn doch heftiger, kann er zumindest auf Solidarität und Mitgefühl setzen.

US-Präsident Donald Trump wünschte Bolsonaro am Dienstag (Ortszeit) eine "rasche Besserung". Der Leiter der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, sagte, er hoffe, "dass es ihm gut geht und er sich schnell erholt". Auch mehrere brasilianische Gouverneure schickten Genesungswünsche nach Brasília.

Nach dem positiven Ergebnis will Bolsonaro nun das umstrittene Mittel Hydroxychloroquin einnehmen. Die Wirksamkeit des Malaria-Mittels gegen die Lungenerkrankung Covid-19 ist bisher nicht bewiesen. US-Präsident Donald Trump hatte Hydroxychloroquin nach eigenen Worten zur Vorbeugung eingenommen. Genau wie sein Vorbild in Washington hält auch der "Tropen-Trump" das Medikament für ein Wundermittel.

"An die gerichtet, die gegen Hydroxychloroquin sind, aber keine Alternativen anbieten, ich muss leider sagen, dass es mir damit sehr gut geht und dass ich Gott sei dank noch viel länger leben werde", so Bolsonaro auf Twitter.

Zuletzt lief es für den Populisten nämlich auch abseits der Gesundheitspolitik nicht so richtig rund. Sein Kabinett versinkt immer mehr im Chaos, die Justiz ermittelt wegen Korruption, der Verbreitung von Fake News und Kontakten zu kriminellen Milizen gegen sein direktes Umfeld und fährt ihm immer wieder in die Parade.

(APA)

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