Umfrage

Fast zwei Drittel der Deutschen für einen Bayern als Kanzler

imago/Sammy Minkoff
  • Drucken

64 Prozent sind laut Umfrage Bayerns Regierungschef Markus Söder als Kanzler geneigt. Damit liegt er weit vor den bisherigen Kandidaten für den CDU-Vorsitz nach Angela Merkel. Die Sache ist auch aus innerdeutscher soziokultureller Perspektive heraus interessant.

Für deutsche Verhältnisse ist das durchaus beachtlich: Eine deutliche Mehrheit unserer nördlichen Nachbarn kann sich laut ZDF-Politbarometer den Ministerpräsidenten des Teilstaates Bayern, Markus Söder, als Kanzler vorstellen. 78 Prozent der deklarierten Unions-Wähler, vor allem aber satte 64 aller Befragten sagen in der am Freitag veröffentlichten Umfrage, dass sich der CSU-Chef für das Amt des Bundeskanzlers eigne. Im März waren es nur 30 Prozent gewesen.

Damit liegt Söder weit vor anderen Politikern. An zweiter Stelle rangiert Vizekanzler Olaf Scholz (SPD), dem 48 Prozent eine Kanzlerschaft zutrauen. Er ist gebürtiger Niedersachse und war viele Jahre Bürgermeister von Hamburg.

Eine spezifische Bedeutsamkeit der Umfrage liegt darin, dass es bayrische Spitzenpolitiker traditionell schwer haben, auf gesamtdeutscher Ebene als Kanzlerkandidat akzeptiert zu werden. Der Freistaat ist zwar das flächenmäßig größte deutsche Bundesland, liegt einwohnermäßig mit rund 13 Millionen Menschen auf Platz zwei und hat diesen Rang auch gemessen an der Wirtschaftsleistung. Dennoch hört man immer wieder, dass es auf Bundesbene ein gewisses emotionales Unbehagen gegenüber Bayern gibt, sozusagen Ausdruck des kulturellen, sprachlichen und sozialen „innerdeutschen Nord-Süd-Konflikts". Knorrige bayrische Typen kommen dort offenbar nicht so gut an.

Seit 1949 nur ein Kanzler aus Bayern

Von den acht deutschen Bundeskanzlern seit 1949 war tatsächlich nur einer aus Bayern: nämlich Ludwig Erhard (1897 - 1977, im Amt 1963 bis 1966. Immerhin war er als langjähriger Wirtschaftsminister für das deutsche „Wirtschaftswunder" nach dem Krieg verantwortlich gewesen. Doch auch er war kein Bayer im „engsten Sinne", sondern ein Franke aus Nordbayern, geboren in Fürth nahe Nürnberg. Söder ist übrigens auch aus Franken, konkret aus Nürnberg, Mittelfranken.

Ludwig Erhard mit seinem Buch.
Ludwig Erhard mit seinem Buch.Bundesarchiv (Adrian, Doris)/CC BY-SA 3.0

Bayern ist kulturell-stammesgeschichtlich in drei Regionen geteilt. Die größte davon, Altbayern, verkörpert das, was man gemeinhin unter „typisch bayrisch" versteht, gerade auch von der Mundart her, und steht als Kulturraum in der Nachfolge des Kern-Stammesgebietes der Bajuwaren. Altbayern umfasst die Landesteile Oberbayern, Niederbayern und die Oberpfalz sowie einige angrenzende Regionen, grob gesagt die südlichen, östlichen und zentralen Gebiete des Bundeslandes Bayern. Die anderen historischen Stammesregionen Bayerns sind Schwaben im Südwesten und Franken im Norden und Nordwesten.

Willtron/CC BY-SA 4.0

Doch zurück zur Umfrage: Bei allen anderen abgefragten Politikern außer Söder und Scholz überwiegt die Skepsis - so auch bei den drei aktuellen Kandidaten für den CDU-Vorsitz. So halten 31 Prozent der Befragten Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz (aus Nordrhein-Westfalen) für kanzlertauglich, 55 Prozent aber gar nicht. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet halten 19 Prozent für geeignet, 64 Prozent sind ausdrücklich skeptisch. Ex-Umweltminister Norbert Röttgen (ebenfalls aus Nordrhein-Westfalen) trauen nur 14 Prozent eine Kanzlerschaft zu und 59 Prozent nicht.

Abfuhr für Grüne

Auch dem Grünen-Spitzenduo wird das Kanzleramt nicht zugetraut: 29 Prozent sehen Robert Habeck (aus Schleswig-Holstein) als geeignet, 17 Prozent Annalena Baerbock (Niedersachsen).

In der Sonntagsfrage hat sich unterdessen kaum etwas geändert. Die Union fiele bei Bundestagswahlen am Sonntag nach Angaben der „Forschungsgruppe Wahlen" leicht auf 39 Prozent, die Grünen würden leicht auf 20 Prozent zulegen. SPD (15%), Linke (7), FDP (5) und AfD (9) stagnieren.

Die Forschungsgruppe Wahlen befragte den Angaben zufolge vom 7. bis 9. Juli rund 1200 zufällig ausgewählte Wahlberechtigte.

(Reuters/wg)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.