„Women's Lib“-Siebdruck, 1971 (Ausschnitt).
Augenblicke

Kiki Kogelnik: Pose Performance Pop-Ästhetik

Warhol, weiblich: Die Kärntnerin Kiki Kogelnik ist ein euphorisches, ewig rastloses Original mit grenzenloser Fantasie. Künstlerin zu sein ist für sie kein Beruf, sondern „eine Form zu existieren, eine passionierte Art, ein Mensch zu sein".

Sommer 1969: In Woodstock feiern mehr als 400.000 Menschen drei Tage lang bei Musik von Janis Joplin, Jimi Hendrix, Joe Cocker und praktizieren im Marihuana- und LSD-Rausch Sex im Schlamm.
Und in jenem schicksalhaften Sommer betritt der erste Mensch den Mond. Während des Zwölf-Minuten-Landemanövers funkt Neil Armstrong: „Ziemlich felsige Gegend.“ Um 15.17 Uhr des 12. Juli empfängt die Nasa in Houston die ersten Worte eines Menschen von der Oberfläche eines fremden Himmelskörpers: „Maschinen aus. Houston, hier ist Tranquility Base. Der Adler ist gelandet.“ Fast 110 Stunden nach dem Abflug von der Erde öffnet Armstrong die Luke des Eagle. Die Oberfläche sei von einem feinen, geradezu puderhaften Material bedeckt, berichtet er von der Leiter aus und betritt den Mond.

Mehr als eine halbe Milliarde Menschen jubeln weltweit vor dem Fernseher. Auch in Österreich. Hugo Portisch und Kollegen berichten 28 Stunden und 28 Minuten lang von der Apollo-11-Mission.

Und während der ORF-Liveübertragung findet in der Wiener Avantgarde-„Galerie nächst St. Stephan“ ein Moon Happening statt: Die extravagante Kärntner Künstlerin Kiki Kogelnik produziert stundenlang ohne Pause – während Portisch und Co. immer wieder jedes Detail der Mondlandung kommentieren – eine Serie von 500 mondthematischen Space-Art-Siebdrucken. Bereits zwei Jahre zuvor sorgt sie in der Galerie des Priesters und Kunstmäzens Otto Mauer mit ihrer Ausstellung „Kunst kommt von künstlich“ für Aufsehen.

1969 ist auch jenes Jahr, in dem Andy Warhol – der Jahrzehnte vor der Selfie- und Social-Media-Welle mit seiner Polaroid-Kamera Rockstars, Präsidenten und Pornodarsteller fotografiert – das Kultmagazin „Interview“ gründet. Bereits 1961 zieht Kiki Kogelnik an den Broadway nach New York und ist später Ateliernachbarin von Andy Warhol. 1968 hätte Warhol fast das Attentat einer Feministin nicht überlebt: Sie schießt ihm aus nächster Nähe in die Brust, er wälzt sich schreiend auf dem Boden, verspürt „unerträglichen Schmerz“. Bereits klinisch tot muss Warhol reanimiert werden und meint später: „Ich sah aus wie ein Yves-Saint-Laurent-Kleid, lauter Nähte“.

Kiki Kogelnik.
Kiki Kogelnik.(c) Michael Horowitz



1964 schwärmt der Kunstkritiker Robert Fulford im „Toronto Daily Star“ von der Kärntner Künstlerin Kogelnik: „Kiki is an original. Her style is part bohemian, part film star, part intellectual.“ Österreichs einzige Pop-Art-Künstlerin – sie selbst ist mit dieser Etikettierung nie einverstanden – entscheidet sich schon früh für eine Existenz zwischen Pose, Performance und Pop-Ästhetik. Leben und Kunst gehen eine harmonische Verbindung ein. Eine Strategie, die funktioniert: Kogelnik entwickelt sich zu einer schillernden Figur, zu einer Art weiblicher Andy Warhol. Und die Kärntnerin wird zu einer der Vorreiterinnen der internationalen Performance-Kunst.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.