Einflussfaktoren

Was für Gold gilt, stimmt nicht für Silber

(c) REUTERS (Edgar Su)
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Investitionen in Silber könnten sich lohnen. Es herrschen jedoch andere Marktkräfte als bei Gold.

Während Gold Jahresrekorde bricht, schafft die Edelmetall-Schwester Silber nur kleine Sprünge. Viel Beachtung findet sie am Markt nicht – gleichzeitig gibt es aber auch weniger Spekulationen. Vor allem im vergangenen Jahr war Silber in Gegensatz zu Gold sprichwörtlich im Staub liegen geblieben.

Hier wirken andere Einflussfaktoren als bei Gold, die es zu beachten gilt. Etwa die Hälfte der weltweiten Silbernachfrage macht der industrielle Sektor aus, sie ist somit stärker an den Konjunkturverlauf gebunden. So wird Silber für Mobilfunkgeräte, Mikrochips sowie Fahrzeuge benötigt und ist Bestandteil elektrischer Kontakte wie Halbleiter und Mehrschicht-Keramikkondensatoren, die für den 5G-Ausbau gebraucht werden.

Der starke Rückgang der Industrieproduktion im ersten Quartal dürfte zu einem bedeutenden Rückgang der Silbernachfrage aus der Industrie geführt haben. Dies wiederum übte einen deutlichen Abwärtsdruck auf den Silber-Spotpreis aus. „Sollte die Industrieproduktion in der zweiten Jahreshälfte wieder anziehen, könnte sich der Aufwärtstrend bei dem Metall beschleunigen“, prognostizieren die Analysten von Orchid Research.

Investoren setzen auf Erholung der Industrie. Schon in dieser Woche war auf ein Zehnmonatshoch gestiegen, fiel allerdings am Freitag auf 18,5 US-Dollar. „Eine länger anhaltende Korrektur erwarten wir nicht“, sagte Carsten Fritsch von der Commerzbank. Allein in der ersten Jahreshälfte beliefen sich die Zuflüsse auf knapp 206 Millionen Unzen, verglichen mit nur gut vier Millionen Unzen im Vorjahreszeitraum. Damit nicht genug: Seit Anfang April verzeichnen die Silber-ETFs sogar stärkere Zuflüsse als Gold-ETFs. Erstmals kletterten zuletzt die Gesamtbestände auf mehr als 800 Millionen Unzen oder 25.000 Tonnen. Gleichzeitig sind auch die Netto-Long-Positionen am Terminmarkt kräftig angezogen.

Investoren bringen sich also in Position. Sie setzen auf einen Preisanstieg in der zweiten Jahreshälfte. „ETF-Investoren kamen kürzlich zu der Erkenntnis, dass der Silberpreis zu niedrig im Vergleich zum Goldpreis war und dass Silber deshalb als alternative sichere Anlagemöglichkeit nicht ignoriert werden kann“, heißt es von Orchid Research. „In Kombination mit einer vorstellbaren Erholung der industriellen Nachfrage nach Silber könnte dies den Preis bis zum Jahresende stark ansteigen lassen.“ Der Optimismus erscheint derzeit etwas übertrieben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2020)

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