Unterwegs

Auf sicheren Trampelpfaden

Reisen, so lehrt uns die Literatur, funktioniert mehr in der Art des Landstreichers.
Reisen, so lehrt uns die Literatur, funktioniert mehr in der Art des Landstreichers. (c) imago images / imagebroker
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Es mag die Reisebranche in der Krise sein – mehr aber noch ist es das Reisen an sich.

In einer Welt, die angeblich immer kleiner wird, letztlich zum globalen Dorf, wie es heißt, und die wir zunehmend digital wahrnehmen, ist nur unsere Bewegungsfreiheit kleiner geworden. Wir können mühelos Kontinente überspringen – selbst das ist pausiert –, aber ob wir dabei je unseren Kokon aus kunstfertigem Konsumieren auf den sicheren Trampelpfaden diverser Guides verlassen, ist die andere Herausforderung.

Reisen, so lehrt uns die Literatur (und vielleicht auch eigene Erfahrungen, mögen sie auch lang zurückliegen – als sich Teenager noch per Interrail auf den Weg machten), funktioniert mehr in der Art des Landstreichers. Die gewohnte Sicherheit bleibt zurück. Wie man dennoch als Gast empfangen wird, darüber berichtet der Schweizer Schriftsteller Nicolas Bouvier in „Die Erfahrung der Welt“.

Was heute so fest geschlossen bleiben muss, die „Balkanroute“, auf der jeder Reisende verdächtig ist, bildet den Kern seiner Abenteuer. Er machte sich 1953 in einem schäbigen Kleinwagen von Genf auf, über Jugoslawien, die Türkei, den Iran und Pakistan nach Kabul. Längst gar nicht mehr denkbar. „Wir hatten zwei freie Jahre vor uns und Geld für vier Monate.“

Bouvier: „Bei meiner Rückkehr haben mir viele Leute, die noch nie gereist sind, versichert, dass sie mit ein bisschen Fantasie und Konzentration ebenso gut reisen könnten, ohne den Hintern vom Stuhl zu heben. Ich will es gern glauben. Die können es eben. Ich bin zu sehr auf das angewiesen, was die Ortsveränderung mit sich bringt. Zum Glück dehnt sich die Welt für Schwache wie mich aus und unterstützt sie.“

Wie weit würde er heute kommen?

timo.voelker@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2020)

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