Neuinfektionen

Wie Indien gegen Corona kämpft

In Ganzkörperschutzanzügen messen medizinische Teams in den engen Gassen von Dharavi die Temperatur der Slumbewohner. Die Anstrengungen haben sich gelohnt, Covid-19 ist unter Kontrolle.
In Ganzkörperschutzanzügen messen medizinische Teams in den engen Gassen von Dharavi die Temperatur der Slumbewohner. Die Anstrengungen haben sich gelohnt, Covid-19 ist unter Kontrolle.(c) APA/AFP/INDRANIL MUKHERJEE
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In Indiens größtem Slum, Dharavi, ist es gelungen, Corona unter Kontrolle zu bringen. Doch im Rest des Landes steigen die Neuinfektionen stark an.

Endlich kann Dharavi aufatmen“, sagt Hausfrau Renuka Sonawane am Telefon. Über 100 Tage hat das gedauert. Die Mittfünfzigjährige lebt mit ihrer Familie in Mumbais berüchtigtem Slum Dharavi. Ein Wandbild mit einem grünen Coronamonster, das seine Zunge ausstreckt, erinnert die Anwohner allerdings weiter an die Gefahr, die draußen lauert. Doch die Angst wird langsam weniger.

Das ehemalige Fischerdorf Dharavi ist in den vergangenen Jahrzehnten zur Heimat von bis zu einer Million Menschen geworden. Dabei ist die Fläche (mit 2,2 Quadratkilometer) kleiner als Wiens Erster Bezirk. Es gibt kaum einen anderer Ort auf der Welt, der so dicht besiedelt ist wie dieser Flecken Erde, der das Stadtzentrum Mumbais mit den Vororten verbindet. Dharavi ist zugleich Wohnort, hier wird aber auch alles Mögliche von der Gürtelschnalle bis zu Töpferwaren produziert.

Dass Tausende Menschen das Wellblechlabyrinth im Herzen der Metropole Mumbai verlassen haben, hat Renuka Sonawane bemerkt. Viele haben in letzter Zeit ihre Arbeit verloren, wollten oder konnten deshalb nicht länger auf engstem Raum ausharren und sind in ihre Heimatdörfer zurückgekehrt. Denn um den Ausbruch einer Pandemie zu begrenzen, entschied sich Indiens Regierung Ende März für einen harten Lockdown, der nun nach und nach wieder gelockert wird.

27.000 Neuinfektionen. Mittlerweile hat sich auch die Lage in Dharavi entspannt. Dennoch rät Sonawane davon ab, sie im Slum zu besuchen. Denn dieser Tage bricht Indien zu oft die eigenen Coronarekorde. Am Samstag betrug die Zahl der Neuinfektionen über 27.000 Personen. Seit einer Woche fällt die Rate nicht mehr unter 20.000 am Tag. Die Situation zerrt an Renuka Sonawane, die ihre Tochter, die als Krankenschwester in einem der Coronakrankenhäuser arbeitet, seit Monaten nicht mehr gesehen hat.

Dazu kommt, dass die Familie zurzeit von ihrem Ersparten lebt. Dabei hatte sie sich mühsam ein Standbein im Ledergewerbe aufgebaut. Die Sonawanes gehören zu jenen, die in den vergangenen Jahren vom wirtschaftlichen Aufschwung in Dharavi profitiert haben. 15.000 Klein- und Kleinstunternehmen, die meisten davon in der informellen Wirtschaft, sind Teil des Motors der getriebenen Stadt, die abrupt in Zwangspause geschickt wurde und die nur langsam wieder anspringt.

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