Interview

Hongkong: „Werden neue Formen des Protests finden“

Isaac Cheng will sich weiter für das einsetzen, was er für richtig hält, auch wenn Peking keine kritischen Stimmen in Hongkong mehr hören will.
Isaac Cheng will sich weiter für das einsetzen, was er für richtig hält, auch wenn Peking keine kritischen Stimmen in Hongkong mehr hören will.(c) APA/AFP/ISAAC LAWRENCE
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Der Hongkonger Demokratieaktivist Isaac Cheng erläutert die Konsequenzen des neuen Sicherheitsgesetzes.

Hongkong. Seit dem 1. Juli unterliegt Hongkong einem in Peking verabschiedeten Sicherheitsgesetz. Ist dies das Ende aller Demokratievisionen in China? Die Aktivisten sind sich uneins. Im Gespräch mit der „Presse“ erklärt Isaac Cheng, Vizechef der einflussreichen Widerstandsgruppe Demosisto, die eigene Auflösung.

Die Presse: Herr Cheng, die Gruppe Demosisto war ein Garant für den Kampf um Demokratie in Hongkong. Sie ist maßgeblich dafür verantwortlich gewesen, dass mehrmals Hunderttausende Menschen auf die Straßen gingen, um zu protestierten. Nun haben Sie sich aufgelöst. Warum?

Isaac Cheng:
Wir haben im Führungsgremium viel darüber diskutiert. Einige von uns haben sich entschlossen, den Kampf aufzugeben. Andere wollen weitermachen. In jedem Fall ist klar, dass diejenigen, die nicht aufgeben wollen, neue Formen des Widerstands finden müssen. Wir können uns jetzt nicht mehr offiziell als oppositionelle Gruppe treffen. Damit würden wir alle Teilnehmer in Gefahr bringen.

Das Nationale Sicherheitsgesetz für Hongkong ist seit 1. Juli in Kraft. „Separatismus“ und „Aufruhr“, also Opposition gegen die Stadtregierung, sind damit strafbar geworden.

Diverse Freiheiten, die in Hongkong bisher gegolten haben, sind uns genommen. Seit Hongkong 1997 von Großbritannien an China übergeben wurde, gilt die Leitlinie „Ein Land, zwei Systeme“. In Hongkong müssen demzufolge Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und so weiter gelten. Aber darüber setzt sich die chinesische Regierung in Peking einfach hinweg. Jetzt dürfen Menschen in Hongkong, die von der Polizei befragt werden, nicht einmal mehr die Aussage verweigern. Es gibt auch keine Begrenzung mehr, wie lang eine Person in Gewahrsam genommen werden darf. Das Prinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“ gilt jetzt nicht mehr, der Angeklagte hat die Beweislast für seine Unschuld. Und wer in Hongkong für oppositionelle Tätigkeiten festgenommen wird, kann vor ein Gericht in Festlandchina geladen werden.

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