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„The Baby-Sitters Club“: Endlich tragen Serienstars zu Hause Socken

(c) Kailey Schwerman/Netflix (Kailey Schwerman/Netflix)
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Es gibt wenige Serien mit Zwölf- und 13-Jährigen in den Hauptrollen – „The Baby-Sitters Club“ füllt die Lücke.

In US-Serien tragen die Figuren ständig Schuhe zu Hause, sie sitzen sogar in Schuhen auf dem Bett. Wenn sich in „The Baby-Sitters-Club“ die Freundinnen Kristy, Mary-Anne, Claudia, Stacey und Dawn in Claudias Zimmer treffen, tragen sie Socken, Strumpfhosen oder Patschen. In der Netflix-Serie wird auf Details geachtet. Das sieht man auch an der Einrichtung der Jugendzimmer, vor allem aber an den hervorragend gecasteten Mädchen.

Jede der fünf Zwölf- bis 13-Jährigen, aus deren Perspektive die Serie abwechselnd erzählt, ist unterschiedlich und wirkt trotzdem nicht wie auf dem Reißbrett entworfen, um eine breite Zielgruppe anzusprechen. Stacey (Shay Rudolph) etwa interessiert sich für Mode und Burschen – und sie liebt Mathe und hat Diabetes. Wenn die burschikose Kristy (Sophie Grace) ihre Mutter („Clueless“-Star Alicia Silverstone) ärgern will, wirft sie ihr vor, nicht feministisch genug zu sein. Es ist Kristys Idee, den titelgebenden Babysitter-Club zu gründen. Durch ihre Jobs entwickeln sich die Mädchen der Coming-of-Age-Geschichte persönlich weiter. Auch von schwulen Vätern, Patchworkfamilien, Trans-Mädchen und kranken Großeltern wird erzählt, ungewohnt beiläufig und selbstverständlich.

Die Buchvorlage wirkt hochaktuell

Man spürt das Alter der Buchvorlage von Ann M. Martin nicht, die von 1986 bis 2000 erschien. „The Baby-Sitters Club“ wirkt hochaktuell und füllt (für Mädchen) eine Lücke: Es gibt wenige Serien mit „Tweens“, Kindern zwischen zehn und 13, in den Hauptrollen – und wenn, dann sind sie eher für Erwachsene gedacht, wie die gruselige Mystery-Serie „Stranger Things“. Dabei gäbe das Alter genug Stoff für Geschichten her. Kopf und Körper verändern sich drastisch, auch Freundschaften: Manche sind schon interessiert an romantischen Beziehungen, andere fühlen sich davon überfordert. Der Serie gelingt es, auch solche Differenzen darzustellen, ohne übermäßig dramatisch oder kitschig zu werden.

Eine Schwäche hat die entzückende Serie aber doch: „The Baby-Sitters Club“ spielt – wie so viele Formate – in einer dieser gleich aussehenden amerikanischen Vorstädte, wo sich gepflegtes Einfamilienhaus an Einfamilienhaus reiht, der privilegierte Nachwuchs Designerkleider trägt und SUVs geschenkt bekommt. Vielleicht haben die Helden solcher Serien deshalb so oft Schuhe im Haus an: Irgendwo gibt es einen (unsichtbaren) guten Geist, der den Dreck wegmacht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2020)

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