Zwangshaltung

Design-Diktatur: Zeit aufzustehen - gegen das Sitzen

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Home-Office könnte gesünder sein als alle anderen Formen von Office. Weil es uns nicht so sehr nötigt: zum Sitzen nämlich.

Sitzen ist ja gar nicht so bequem, wie man sich das so romantisch ausmalt, wenn man zuvor lange gestanden ist. Oft wird einem das bewusst, wenn man erst recht wieder aufsteht. Nach einem langen Heurigen-Abend. Oder nach einem langen Arbeitstag. Dann spürt man im Stehen - das Sitzen. Menschen sind eben nicht zum Sitzen gebaut. Angeblich waren wir ohnehin Nomaden, behaupten die Anthropologen. Und angeblich sind wir ja sogar jetzt wieder welche, behaupten die Designer und Design-Hersteller. Weil „urbane Nomaden“ tragen das „Office“ und all die anderen kommunikativen Knotenpunkte ohnehin mit sich herum – im Smartphone.

Okay, jetzt ist es Zeit, das Ganze einmal aufzuklären. Wir sind keine Nomaden. Wir sind Hockenbleiber. Beim Heurigen freiwillig. Im „Office“ zwangsläufig. Und das Design, so generell, braucht gar nicht so tun, als bräuchten wir Möbel, die sich mit uns bewegen, wenn uns die meisten Möbel dann doch zum Stillstand zwingen. Der Tiroler Dietmar Messner beschäftigt sich seit Jahrzehnten damit, wie sich das Sitzen auswirkt, auf den Körper, die Gesundheit und die Gesellschaft: „Die Stuhlsammlungen etwa des Museums für angewandte Kunst verkörpern noch das stilvolle Sitzen einer Ära, in der Menschen im Alltag noch viel mehr Bewegung machten als heute“, erklärt er. „Sitzen ist die vorherrschende Körperhaltung im Alltag westlicher Industrienationen – heißt es in der Sammlungsbeschreibung. Ein Zustand, der nicht problematisiert wird, sondern als allzeit gültige Universalie hingenommen wird“.

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