Unfälle

Experten nach tödlichen Steinschlägen: "Es gibt ein Restrisiko"

SALZBURG: 13-JAeHRIGER DURCH FELSSTURZ VOR EISRIESENWELT IM PONGAU GETOeTET
SALZBURG: 13-JAeHRIGER DURCH FELSSTURZ VOR EISRIESENWELT IM PONGAU GETOeTETAPA/FRANZ NEUMAYR
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Die starken Regenfälle dürften ausschlaggebend für die Felsstürze gewesen sein, bei denen letzte Woche vier Menschen starben. Touristen müssten sich der Gefahren im Gebirge bewusst sein.

Innerhalb weniger Tage sind in Österreich vier Menschen durch Steinschläge ums Leben gekommen. Nachdem am Mittwoch drei Menschen in der steirischen Bärenschützklamm von herunterstürzenden Felsen erschlagen wurden, kam es am Sonntag zu einem weiteren tragischen Vorfall. Ein 14 Jahre alter Bub wurde getötet, als es am Zugangsweg zur Eisriesenwelt zu einem Steinschlag kam. Am selben Tag wurde auch eine Wandererin in der Kärntner Tscheppaschlucht von einem Stein getroffen und schwer verletzt.

Für Robert Supper, Vizerektor der Geologischen Bundesanstalt in Wien, steht fest, dass die vorangegangenen Starkregenfälle ausschlaggebend für die Unglücke waren. "Der Regen löst die Steine in den Fugen", erläuterte der Experte am Montag im Gespräch. Dass in weiterer Folge Steinbrocken oder Felsen in die Tiefe krachen, sei vorhersehbar. Für Wanderer und Bergsteiger bedeutete das, dass im alpinen Gelände, speziell in hochgefährdeten Zonen nach anhaltenden Niederschlägen "immer ein gewisses Risiko besteht, dass etwas abgeht".

Auch der Geologe des Landes Salzburg, Gerald Valentin, erklärte nach einer ersten Begutachtung der Unfallstelle bei der Eisriesenwelt, dass der starke Regen am Samstag den Untergrund aufgeweicht haben dürfte. Der Gesteinsbrocken lag dabei auf einer mit Erde gefüllten Kluft. Der Regen machte das Erdreich rutschig, dazu kam der Druck des Wassers. Dadurch habe sich am Sonntagvormittag der Block letztlich gelöst.

Gefahr bleibt bestehen

Das Risiko, dass Menschen zu Schaden kommen, lasse sich mich baulichen Maßnahmen, die vor Lawinen, Muren oder Steinschlag schützen, minimieren. Aber selbst bei umfangreichen Verbauungen wie beim Zustieg zur Eisriesenwelt im Tennengebirge - die größte Eishöhle der Welt - bleibe ein Gefährdungspotenzial bestehen. Dessen müsse sich jeder, der im Gebirge unterwegs ist, bewusst sein - auch, wenn es sich dabei um einen vermeintlich sicheren touristischen Hotspot handelt, betonte Supper.

Man könne mit mathematischen Modellen berechnen bzw. simulieren, wo im Gelände sich Gestein lösen könnte und entsprechende Verbauungen errichten. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass dort dann tatsächlich etwas passiert, sei schwer abschätzbar. Ein ganzer Berg verbauen lasse sich aber nicht. "Hundertprozentige Sicherheit lässt sich nicht herstellen", gab Supper zu bedenken. Und weiter: "Auch Touristen müssen akzeptieren können, dass es ein Restrisiko gibt." Wer nicht bereit sei, dieses Risiko einzugehen, könne alpine Attraktionen in der heutigen Zeit auch virtuell besichtigen.

Eisriesenwelt weiter gesperrt

Derzeit ist nicht abschätzbar, wie lange die Sperre der Eisriesenwelt dauern wird. Die Eishöhle und der Zustieg des beliebten Ausflugsziels dürfen seit dem Unfall nicht betreten werden. Die Alpinpolizei hat die Ermittlungen zum genauen Unfallhergang aufgenommen, außerdem werden die Sicherungseinrichtungen überprüft.

Wie der Bürgermeister von Werfen, Hubert Stock, am Montag sagte, sollen Geologen und Fachleute noch heute damit beginnen, die Unfallstelle genau zu begutachten und möglicherweise weitere Gefahrenstellen zu finden. Zugleich werde erhoben, ob - und wenn ja, welche - zusätzlichen Maßnahmen notwendig sind, um die Sicherheit der Besucher in Zukunft zu gewährleisten. "Die Eisriesenwelt wird aufgefordert, ein entsprechendes Konzept zu erstellen", sagte Stock. "Erst dann kann der Betrieb wieder aufgenommen werden."

Zuerst Holz, dann Stahl, dann Beton

Derzeit ist der Weg von der Bergstation der Seilbahn zum Höhleneingang teilweise mit Schutzgalerien aus Beton gesichert. Seilbahn-Betriebsleiter Michael Rieder, der in Vertretung des in Urlaub befindlichen Eisriesenwelt-Geschäftsführers sprach, ging am Montag davon aus, dass man die Schutzgalerie erweitern oder Schutznetze installieren werden müssen, um zukünftige Unfälle zu verhindern. Wie er erklärte, seien die Schutzgalerien früher aus Holz, später aus Stahl und schließlich aus Beton errichtet worden und immer wieder ausgebaut worden. "Mir ist aber nicht bekannt, dass es während der Touristensaison je einen Unfall durch Steinschlag gegeben hat."

Zu dem Unglück war es am Sonntag gegen 11.30 Uhr gekommen. Rund 400 Höhenmeter oberhalb des Einganges zur Eishöhle in knapp über 1.600 Metern hatte sich ein etwa ein bis zwei Kubikmeter großer Felsblock gelöst. Der Block stürzte in die Tiefe und zersprang in viele kleinere Teile. Dabei wurde der Zubringerweg auf einer Breite von 100 Metern von Steinen getroffen. Der Weg ist dort zwar größtenteils durch die Steinschlaggalerien überdacht, einige Brocken stürzten aber auf den ungeschützten Bereich.

Dabei wurde ein 14-jähriger Bursch aus dem Irak von einem etwa 25 Kilogramm schweren Stein am Oberkörper getroffen und so schwer verletzt, dass er noch an der Unfallstelle verstarb. Auch ein 19-jähriger Pongauer wurde bei dem Felssturz von einem Stein am Bein getroffen und verletzt.

Die Eisriesenwelt gilt mit einer Länge von 42 Kilometer als größte Eishöhle der Welt. Zu Spitzenzeiten besuchen pro Tag bis zu 2500 Menschen die Schauhöhle, die etwa einen Kilometer in den Berg hineinführt.

(APA)

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