Basel III: 'Nach Stresstest erneut vor Banken eingeknickt'

Basel III: 'Nach Stresstest erneut vor Banken eingeknickt'
Basel III: 'Nach Stresstest erneut vor Banken eingeknickt'(c) EPA (Boris Roessler)
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Die Proteste von Banken und nationalen Aufsehern haben gefruchtet. Der Ausschuss der weltweit wichtigsten Bankenaufseher weicht das Regelwerk auf. Es gehe "abwärts, was die Härte der Regeln angeht", lautet die Kritik.

Die neuen Spielregeln für die Banken fallen nicht so scharf aus wie befürchtet. Der Baseler Ausschuss der weltweit wichtigsten Bankenaufseher weichte das Regelwerk auf, das die Branche eigentlich wetterfester machen soll. An den Börsen legten Bankaktien daraufhin am Dienstag kräftig zu. Vor allem in Frankreich kletterten die Kurse der Finanzinstitute, aber auch Deutsche Bank und Commerzbank gewannen jeweils mehr als fünf Prozent.

Die Proteste von Banken und nationalen Aufsehern haben sich damit zum Teil ausgezahlt. Die deutschen Behörden halten die unter "Basel III" bekannte Reform aber noch für unausgegoren und wollen ihr erst zustimmen, wenn alle Folgen absehbar sind.

Warnung vor Basel III

Die Bankenaufseher wollen verhindern, dass die Institute in der nächsten Krise wieder auf Hilfe der Regierungen angewiesen sind. Deshalb sollen sie ihr Geschäft mit mehr Eigenkapital unterlegen, das im Krisenfall weniger leicht abgezogen werden kann. Doch sollen dem Sektor keine zu engen Fesseln angelegt werden, um den Aufschwung nicht abzuwürgen. Banken hatten mit Engpässen in der Kreditversorgung gedroht.

Der internationale Bankenverband IIF hatte gewarnt, dass Basel III das Wachstum in den nächsten fünf Jahren um drei Prozent drosseln könnte. Der Baseler Ausschuss will im August seine Schlüsse aus einer Studie ziehen, die die Folgen der Reform für die Konjunktur untersucht.

"Kann nicht Definitionen wie in USA anlegen"

"Wir haben noch Bedenken gegen die Vorschläge des Gouverneursrats des Baseler Ausschusses", sagte eine Sprecherin der Bundesbank. Deutschland steht damit allerdings weitgehend allein. Das Aufsichtsgremium des Ausschusses hatte nur in einer Fußnote vermerkt, dass "ein Land" sich die Zustimmung bis zur Entscheidung über Eigenkapital-, Liquiditäts-Kennziffern und Übergangsregeln vorbehalte. Diese steht im September an. "Wir können keiner Kapitaldefinition zustimmen, so lange wir nicht wissen, wie hoch die Kapitalanforderungen sind", hieß es in deutschen Finanz- und Regierungskreisen.

Die deutschen Vertreter im Baseler Ausschuss drängen schon seit Monaten auf eine Berücksichtigung der Besonderheiten im heimischen Bankensystem. Sie bangen unter anderem, dass große Teile der Eigenmittel von Sparkassen und Genossenschaftsbanken künftig nicht mehr als Kernkapital anerkannt werden. "Wenn man da Definitionen wie in den USA anlegt, würde das die ganze deutsche Wirtschaft in Turbulenzen stürzen", sagte ein mit den Verhandlungen Vertrauter. Das Gremium sei auf die Forderungen von Bundesbank und BaFin bisher nicht eingegangen.

"Erneut vor Bankenlobby eingeknickt"

Die Analysten von BNP Paribas erklärten, der Ausschuss sei weithin Forderungen aus der Branche gefolgt. Die französischen Banken profitierten davon am meisten. Societe Generale stiegen um neun Prozent. Dagegen warnte Morgan Stanley, dass die Verzögerungen zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den USA, der Schweiz und der Euro-Zone führen könnten. Der Grünen-Experte im Wirtschaftsausschuss des Europa-Parlaments, Sven Giegold, sagte: "Wenige Tage nach den Stresstests sind die Staaten erneut vor der Bankenlobby eingeknickt. Der Zwischenbericht kennt nur eine Richtung: abwärts, was die Härte der Regeln angeht." Und Deutschland sei nicht einmal bereit, die verwässerten Vorschläge zu unterstützen.

Die von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet geführten Aufseher versprachen, den Banken ausreichend Zeit zu geben, um das geforderte Mehr an Eigenkapital aufzubauen. Eingeführt werden soll das neue Regelwerk ab Ende 2012.

Basel III wird verwässert

Die in den USA gebräuchliche, aber in Europa umstrittene Verschuldungsquote (Leverage Ratio) soll erst 2018 verbindlich eingeführt werden - wenn sie sich bewährt. Sie fällt schwächer aus als erwartet: Banken dürfen künftig maximal das 33-fache ihres Kernkapitals als Kredit ausgeben, Experten hatten auf den Faktor 25 getippt. Die Kennzahl lässt Risiken in den Krediten außer Acht und läuft damit modernen Aufsichts-Ansätzen zuwider. Auch eine Liquiditäts-Kennziffer, die Banken zum Aufbau hoher Polster für Krisenzeiten zwingen würde, soll auf Tauglichkeit überprüft und nicht vor 2018 vorgeschrieben werden. Deutschland hatte sie strikt abgelehnt.

Zugeständnisse machten die Aufseher bei der Anrechnung von Minderheitsbeteiligungen der Banken. Bewegung zeichnet sich auch in der Frage ab, ob die Institute ihre Liquidität nicht nur in Staatsanleihen parken dürfen, sondern auch in Papieren von gut bewerteten Unternehmen. Auch dafür hatten sich die deutschen Vertreter eingesetzt.

(Ag.)

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