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Sag mir, wen du wählst, und ich sage dir, ob wir Sex haben

APA/AFP/JOHANNES EISELE
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In den USA boomen Dating-Plattformen für Linke. Aber Soziologen und Ökonomen warnen vor den Folgen „assortativer Paarung“.

Proletarier aller Länder, vereinigt euch! – nämlich eure Körper und deren Säfte. Weil der Kapitalismus nicht kleinzukriegen ist, weil der Bourgeois unermüdlich sein reaktionäres Haupt erhebt, ziehen sich Amerikaner mit starkem Linksdrall nun trotzig in ihr ideologisches Biotop zurück: Sie paaren sich nur noch untereinander. Auf den sozialistischen Singlebörsen „OK Comrade“und „Red Yenta“ finden revolutionär Gesinnte den Che Guevara oder die Rosa Luxemburg ihrer Träume.

Aber ist das noch nötig in einem Land, in dem sich fast die Hälfte der Jungen geschichtsvergessen nach einer sozialistischen Gesellschaft sehnt? Es gibt längst so viele linke Fraktionen wie sexuelle Identitäten. Der Neo-Bolschewik kann nicht mit der Retro-Trotzkistin, und für Anarchosyndikalisten sind beide nicht offen. So ist das eben in einer Gesellschaft, die sich zuerst radikal in rechts und links aufspaltete und deren progressives Lager sich sodann in Unmengen von identitätspolitischen Schmollwinkeln zersplittert hat.

Aber was soll's, in der Tierwelt kommt das ja zuweilen auch vor. Die japanische Erdkröte begattet sich nur mit Artgenossen ähnlicher Größe. Bei Finken gibt es zwei Schnabellängen, sie singen entsprechend unterschiedlich – und bevorzugen vokal Gleichgestimmte. Auf lange Frist spaltet sich in solchen Fällen eine Subspezies ab, schließlich wird daraus eine getrennte Art. Wenn der Homo sapiens so weitermacht, blüht ihm das womöglich auch. Aber wollen wir das wirklich?

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