Afghanistan-Memos: Pentagon verfolgt erste Spur

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AfghanistanMemos Pentagon verfolgt ersteKollabierter US-Soldat (c) EPA (Balaz Gardi)
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Wie kam die Internetplattform Wikileaks in den Besitz geheimer Dokumente zu Afghanistan? Das Pentagon sucht die undichte Stelle. Ein 22-jähriger US-Soldat soll eine Schlüsselfigur sein.

Nach der Veröffentlichung von mehr als 90.000 Geheimberichten des US-Militärs über den Afghanistan-Einsatz sucht die US-Regierung nach der undichten Stelle. Offenbar verfolgt das Pentagon eine erste Spur: Ein in Kuwait inhaftierter US-Soldat sei "sicherlich eine Schlüsselfigur", sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Geoff Morrell. M. wird beschuldigt, ein Video aus einem Armee-Hubschrauber an dieselbe Internetplattform weitergegeben zu haben.

Der 22-jährige Soldat habe bei der Weitergabe der Geheimakten an die Website WikiLeaks eine Rolle gespielt, sagte Morrell. Es sei aber noch nicht klar, "auf welche Weise". M. war im Mai verhaftet worden. Ein anderer Pentagon-Sprecher, Dave Lapan, betonte, die Ermittlungen konzentrierten sich "nicht auf ein bestimmtes Individuum." Sie deckten ein "weiteres Spektrum" ab.

Regierung und Experten: Kaum neue Informationen

Die Bewertung der jetzt an die Öffentlichkeit gelangten Dokumente werde "Tage, wenn nicht Wochen" dauern, hieß es aus dem Verteidigungsministerium. Es sei noch zu früh, um den Schaden für die nationale Sicherheit einzuschätzen. Regierungssprecher Robert Gibbs bemühte sich indessen um Schadensbegrenzung. Die Dokumente enthielten keine neuen Enthüllungen, sagte Gibbs. Auch US-Medien und Experten kamen zu dem Schluss, dass die Dokumente kaum Informationen enthielten, über die nicht bereits diskutiert wurde.

"Die Dokumente bieten wenig neue Enthüllungen und bestehen zumeist aus rohen und möglicherweise fehlerhaften Geheimdienstinformationen", urteilte das "Wall Street Journal". "Ich habe bislang nichts in den Dokumenten gesehen, das mich entweder überrascht oder mir etwas Bedeutendes mitgeteilt hätte", schreibt Afghanistan-Experte Andrew Exum in einem Beitrag für die "New York Times".

Sorge über Ausmaß des Lecks

Sorge bereitet Washington aber die schiere Materialmenge, die von der Website Wikileaks ins Internet gestellt wurde. "Neu und beispiellos sind Ausmaß und Umfang dieses Lecks", räumte Pentagon-Sprecher Morrell am Montag ein. Bis der Informant gefunden sei, könne man nicht ausschließen, dass weitere geheime Informationen an die Öffentlichkeit gelangen.

Die über 90.000 überwiegend geheimen Militärdokumente geben unter anderem Hinweis darauf, dass die Zahl der zivilen Opfer höher ist als angenommen. Im Einsatzgebiet der deutschen Bundeswehr ist die Sicherheitslage offenkundig schlechter als von der deutsche Regierung eingeräumt. Zudem geht aus den Akten hervor, dass US-Militärs über Jahre von einer direkten Kooperation von Pakistans Militärgeheimdienst ISI mit den Taliban ausgingen.

"Wie werden es die Pakistaner aufnehmen?"

Nach einem Bericht des "Wall Street Journal" hatte der US- Sonderbeauftragte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, in einem Telefonat den pakistaniaschen Präsidenten Asif Ali Zardari versichert, dass die Regierung von Präsident Barack Obama die Veröffentlichung nicht billige. "Die größte Sorge der Amerikaner war: Wie werden es die Pakistaner aufnehmen?", wird ein hoher pakistanischer Regierungsmitarbeiter zitiert.

Die Unterlagen waren zunächst der Internetplattform Wikileaks zugespielt worden. Wikileaks sammelt geheime offizielle Dokumente aus anonymen Quellen, um Missstände öffentlich zu machen. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" sowie die Zeitungen "New York Times" und "Guardian" aus London analysierten als erste Medien jeweils für sich die gewaltige Datenmenge.

(Ag./Red.)

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