Kanada dementiert einen Bericht, wonach vier kanadische Soldaten im September 2006 durch eine US-Bombe ums Leben gekommen sind. Sie seien von Taliban getötet worden, erklärte das Verteidigungsministerium.
OTTAWA/WASHINGTON (brau/vier). Kanada dementiert einen Bericht, wonach vier kanadische Soldaten im September 2006 durch eine US-Bombe ums Leben gekommen sind. Sie seien von Taliban getötet worden, erklärte das Verteidigungsministerium. Außenminister Lawrence Cannon bekräftigte: „Wir haben die Öffentlichkeit in keiner Weise irregeführt.“
Eines der von WikiLeaks veröffentlichten Dokumente hatte dieser Darstellung entschieden widersprochen. Während der „Operation Medusa“ seien US-Soldaten unter Beschuss geraten. Ein Kampfflugzeug habe daraufhin eine Bombe auf das Gebäude geworfen, aus dem die Salven kamen. Die kanadischen Alliierten seien bei dem „friendly fire“ umgekommen, behauptet das Memo des US-Militärs, das WikiLeaks zugespielt worden ist.
Regierungsoffizielle wiesen darauf hin, dass die ursprüngliche Meldung über den vermeintlich fatalen Angriff ein Irrtum gewesen sein könnte. Michel Drapeau, ein früherer Colonel der kanadischen Armee, forderte eine Aufklärung des Vorfalls: „Einer der Berichte muss korrekt sein.“ Kanada ist seit 2002 in den Afghanistan-Krieg involviert und will sich im nächsten Jahr zurückziehen. Auf kanadischer Seite hat der Krieg bisher 155 Todesopfer gefordert, davon 151 Soldaten.
In Washington versuchte die Obama-Regierung, die Affäre herunterzuspielen. Die Meldungen würden keinen Neuigkeitswert enthalten, lautet der Tenor aus Militärkreisen. „Es ist so, als würde man feststellen, dass Afghanistan aus vier Silben besteht“, sagte Andrew Exum vom Center for a New American Security. Nicht einmal die Republikaner fanden ein Haar in der Suppe. Was auch nicht weiter verwunderlich ist, stammt doch der Großteil der Daten aus der Ära George W. Bushs.
Auftrieb für Kriegsskeptiker
Inoffiziell allerdings zeigt sich das Pentagon besorgt über das Ausmaß des internen Informationslecks. Washington werde noch mehr Druck auf Pakistan und dessen Geheimdienst ISI ausüben, heißt es. Vor der bevorstehenden Genehmigung einer weiteren Tranche des Kriegsbudgets durch den Kongress gibt das Datenmaterial den Kriegsskeptikern unter den Demokraten Auftrieb und bringt Präsident Obama unter Zugzwang. Selbst Kriegsbefürworter wie Senator John Kerry kommen über Sinn und Ausgang des Kriegs allmählich ins Schwanken.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2010)