Coronakrise

Schramböck kritisiert Banken wegen Kreditzurückhaltung bei KMU

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck APA/HELMUT FOHRINGER
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"Durch neue 100 Prozent staatlich garantierte Kredite für Kleinfirmen werden Banken nicht in Schwierigkeiten geraten“, sagt die Wirtschaftsministerin.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) hat am Dienstag Kritik an der Zurückhaltung von Banken bei Krediten an Kleinbetriebe geübt, selbst wenn diese Ausleihungen nach einer neuen EU-konformen Regelung bis zu 100 Prozent staatlich garantiert sind. Zu Klassifizierungen wie "Zombie-Unternehmen" sagte sie, sie erwarte sich von der Finanzbranche eine sorgsamen Umgang mit der Sprache.

Mit diesem Thema sei "in Österreich und im gesamten deutschsprachigen Raum ein anderer Umgang gefragt", denn auch die rund 5.000 Insolvenzen, die es im Schnitt jährlich in Österreich gebe, seien "keine Zombie-Unternehmen", meinte die Ministerin in einem gemeinsamen Pressegespräch mit Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP).

Der WKÖ-Spitzenvertreter des Bankensektors, Franz Rudorfer, und Erste-Bank-Österreich-Chef Peter Bosek hatten zuletzt unisono betont, Banken müssten sich die Rückzahlbarkeit bei jedem Kredit ansehen, auch bei garantierten Krediten. Und Creditreform-Chef Gerhard Weinhofer hatte - nicht als Erster - davor gewarnt, dass bei fehlendem Businessplan oder zu dünner Kapitaldecke "sogenannte Zombie-Unternehmen gezüchtet werden" könnten.

14.500 Anträge

Im Übrigen gelte die Neuregelung, dass sich Kleinst- und Kleinbetriebe bis zu 200.000 Euro Kredit zu 100 Prozent mit Staatsgarantie ausgestattet holen könnten, erst ab kommendem Samstag und nicht bereits seit Montag dieser Woche, wie verschiedentlich zu hören war. Denn das grüne Licht der EU-Kommission sei erst für Freitag zu erwarten. Profitieren könnten davon Unternehmen, bei denen 50 Prozent des Eigenkapitals aufgebraucht seien. Insgesamt lägen 14.500 Anträge bei der austria wirtschaftsservice (aws), dabei gehe es um jeden fünften Betrieb, also um 2500 Unternehmen in Österreich. "Da werden die Banken in Österreich nicht in Schwierigkeiten geraten, wenn sie diesen helfen."

Schramböck verwies vor Journalisten auf mehrere Betriebe, eines auch aus ihrem Verwandtschaftsbereich, die nach derartigen Kriterien gar nicht mehr existieren dürften - beide gebe es aber noch. Und sie kündigte für Maßnahmen zur Verbesserung der Eigenkapitalsituation kleiner und kleinster Unternehmen an, von Anreizen, an denen gearbeitet werde, bis hin zu Eigenkapitalfonds für Mittelständler. Auch die neue Möglichkeit, heuer einen Verlust mit Gewinnen der Vorjahre gegenzurechnen (Verlustrücktrag) gehe in diese Richtung.

Druck auf Bankengewinne

Der von der Corona-Pandemie verursachte stärkste Wirtschaftseinbruch seit Ende des 2. Weltkriegs wird die Kreditrisiken steigen und den Gewinn sowie die Eigenkapitalquote der Banken sinken lassen. Die Finanzinstitute sollten die Coronakrise aber gut überstehen und die Unternehmen mit ausreichend Krediten versorgen, geht aus dem aktuellen Finanzmarktstabilitätsbericht der Nationalbank hervor.

Die heimische Wirtschaft wird coronabedingt aber noch länger im Krisenmodus bleiben. "Obwohl sich die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus und zum Erhalt der Funktionsfähigkeit der Wirtschaft bewährt haben, wird die Erholung der Wirtschaft mehrere Jahre in Anspruch nehmen", so OeNB-Gouverneur Robert Holzmann am Dienstag bei der Präsentation des halbjährlichen "Financial Stability Report" in Wien.

Die Nationalbank erwartete in ihrer im Juni vorgestellten Prognose für heuer einen Einbruch der heimischen Wirtschaftsleistung von 7,2 Prozent und dann plus 4,9 Prozent (2021) und plus 2,7 (2022). Damit soll das Vorkrisen-Niveau beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) wieder im Jahr 2022 erreicht werden. Dies ist aber nur realistisch ohne zweite Corona-Infektionswelle und mit einem verfügbaren Impfstoff ab Mitte 2021.

Banken gut aufgestellt

Aktuelle Szenarioanalysen der OeNB zeigen, "dass der österreichische Bankensektor trotz der negativen Auswirkungen der Krise derzeit gut kapitalisiert" sei, heißt es im Finanzmarktstabilitätsbericht. Die Nationalbank rechnet bei steigenden Insolvenzahlen und Kreditausfällen mit einem Rückgang der harten Kernkapitalquote der heimischen Banken von im Schnitt 15,5 Prozent Ende 2019 auf 13,1 Prozent Ende 2021. Den Rückgang um mehr als 2 Prozentpunkte gebe es aber nur ohne weitere Reaktion der Banken. "Das ist ein schwerer Schock, aber für das System der Einzelbanken durchaus vertretbar", so die Notenbanker. Wie stark sich die aktuellen Kreditmoratorien auf die notleidenden Kredite (non performing loans ratio) auswirken werden, sei derzeit noch offen.

"Die Exponierung österreichischer Banken gegenüber stark Covid-betroffenen Branchen ist derzeit überschaubar, aber ein Anstieg der Kreditrisiken wird Gewinne schmälern", heißt es in der Analyse. Von der Coronakrise stark betroffen sind vor allem die Gastronomie, Hotellerie und das Verkehrswesen sowie Kunst, Unterhaltung und Erholung.

Die heimischen Banken haben per Ende Juni aufgrund der Coronakrise rund 10 Prozent des aushaftenden Kreditvolumens an Unternehmen, Selbstständige und Privathaushalte gestundet. Die Finanzinstitute verzichteten im Rahmen von freiwilligen Moratorien temporär auf die Rückzahlung von rund 90.000 Krediten in Höhe von 22 Mrd. Euro, aufgrund gesetzlicher Moratorien waren es 116.000 Kredite in Höhe von 8,6 Mrd. Euro, geht aus Daten der OeNB hervor.

Keine Kreditklemme

Bei den freiwilligen Kredit-Moratorien entfielen 14,1 Milliarden Euro auf nichtfinanzielle Unternehmen, auf selbstständige Erwerbstätige rund 4,3 Milliarden Euro und auf sonstige Haushalte rund 3,7 Milliarden Euro, sagte OeNB-Vize-Gouverneur Gottfried Haber. Im Rahmen der gesetzlichen Moratorien stundeten die heimischen Banken bis Ende Juni Kredite in Höhe von 7 Milliarden Euro an sonstige Haushalte und Kleinstunternehmen und 1,7 Milliarden Euro an selbstständig Erwerbstätige. Es gebe kein bestimmtes Datum für das Auslaufen der Kredit-Moratorien und dadurch erwarte man derzeit keinen "Klippeneffekt", so Haber.

Die Notenbanker zeigten sich mit der Performance des heimischen Finanzsektors in der Coronakrise zufrieden. Die Direktorin der OeNB-Hauptabteilung Volkswirtschaft, Doris Ritzberger-Grünwald, ortet "keine Kreditklemme". Die heimischen Banken hätten in der Coronakrise mit Überbrückungskrediten und Refinanzierung geholfen. Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten sei im ersten Halbjahr "beträchtlich" gestiegen. "Staatliche Garantien spielen eine wichtige Rolle", sagte Ritzberger-Grünwald im Hinblick auf die Befriedigung der hohen Kreditnachfrage. Bisher wurden nach Angaben der OeNB bis Ende Juni rund 14.600 staatliche Kreditgarantien mit einem Gesamtvolumen von 3,8 Milliarden Euro vergeben. Für OeNB-Finanzmarkt-Hauptabteilungsleiter Philip Reading war die Liquidität der Banken in der Coronakrise "hervorragend", die Institute seien "gut kapitalmäßig ausgestattet". Den Finanzmarkt könne man "als stabil bezeichnen", es seien Puffer vorhanden, so OeNB-Vize-Gouverneur Haber.

Die Nationalbank empfiehlt den Banken im Hinblick auf die Coronakrise und die Stärkung der Finanzmarktstabilität folgende fünf Maßnahmen: Die Finanzinstitute sollten Abstand von Aktienrückkäufen nehmen und Ausschüttungen von Dividenden, Gewinnen und Boni genau abwägen, um die Kapitalbasis zu stärken. Weiter sei notwendig sich auf das Auslaufen von Zahlungsmoratorien und staatlichen Garantien für Kredite vorzubereiten und die Qualität der Kreditportfolios zu überwachen. Außerdem müssten nachhaltige Kreditvergabestandards (insbesondere bei Immobilienkrediten) und die quantitative Leitlinie des Finanzmarktstabilitätsgremiums eingehalten werden. Die OeNB rät den Banken auch, die operative Effizienz weiter zu steigern und neue IT-Strategien zu entwickeln.

(APA)

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