Stadtbild

Trump, Aluminium und die Sinnlichkeit auf dem Graben

wf
  • Drucken

Vom „Schnepfenstrich“ zur Kunst im öffentlichen Raum oder: Was in Wiens Innenstadt leckt.

Die Orgel trägt sie an vielen Pfeifen, der Schuh am Oberleder, das Eisenbahngleis an den Weichen, und unsereiner trägt sie im Mund: Es ist schon etwas Besonderes um die Zunge und wo überall sie uns begegnet.

Dort freilich, wo sie gegenwärtig zu finden ist, hat man sie so noch nie gesehen: noch nie so riesig und noch nie so von allem üblichen Rundherum verlassen. Mehr als zwei Meter hoch, prall und rund und saftig rot steht sie auf dem Wiener Graben, dort, wo er schon beinah in den Kohlmarkt fließt. Und der Augenschein möcht' gar nicht glauben, dass dieses so lebendig scheinende Ding materiell nichts weiter als lackierter Aluminiumguss ist.

„Slip of the Tongue“ hat die deutsche Objektkünstlerin Alexandra Bircken ihr mundbefreites Zungenstück betitelt, das derzeit und noch bis Anfang November an so prominentem Platz gastiert, und der Titel, übersetzt so viel wie „Versprecher“, enttäuscht ein wenig angesichts so avisierter Konzentration auf den linguistischen Aspekt der Angelegenheit. Immerhin haben wir's, wie sich hier die Zungenspitze sanft nach vorne reckt, doch mit einem womöglich gar Genuss signalisierenden Gegenstand zu tun, der geeignet scheint, eher körper- denn intellektuell betonte Assoziationen zu wecken, zumal angesichts des Piercings, das die Zungenspitze ziert, und nicht zuletzt angesichts des Orts der Präsentation, dem in früheren Zeiten durchaus der Ruf des Lustvollen, ja Lasterhaften anhing.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.