Wien

Bei verkehrsberuhigter Innenstadt noch vieles offen

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THEMENBILD: AUTOFREIE WIENER CITYAPA/HERBERT NEUBAUER
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Die Innere Stadt deponierte bei einer Ortsverhandlung noch Forderungen, etwa eine Ausnahme für Familienmitglieder von City-Bewohnern. Auch der Zeitplan - die Grünen wollen eine Umsetzung vor der Wahl - ist ungewiss.

Im Hinblick auf das geplante neue Verkehrskonzept für die Wiener Innere Stadt gibt es zwischen Verkehrsressort und Bezirksvorstehung offenbar noch einigen Gesprächsbedarf. Das betrifft sowohl die konkrete Umsetzung als auch den Zeitplan, wie nach der am Mittwoch anberaumten "Ortsverhandlung" als Teil des behördlichen Ermittlungsverfahrens klar wurde.

Das City-Konzept, auf das sich Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) und Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP) Mitte Juni grundsätzlich geeinigt hatten, sieht ein Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge innerhalb der Ringstraße bzw. des Kais vor. Allerdings soll es eine Reihe von Ausnahmen geben - etwa für Bezirksbewohner, Geschäftsleute, Garagenparker, Lieferdienste oder Taxis. Bei der Ortsverhandlung wurden nun Stellungnahmen einer Reihe von betroffenen Stakeholdern eingeholt. Rund 40 Organisationen waren eingeladen - von Arbeiter- und Wirtschaftskammer über Vertreter des ersten sowie der umliegenden Bezirke bis zu Magistratsdienststellen, Wiener Linien und Polizei.

Noch mehr Ausnahmen?

Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) berichtete nach dem Termin per Aussendung von "sehr konstruktiven" Gesprächen "auf einer fachlichen Ebene". Nichtsdestotrotz gibt es noch einigen Klärungsbedarf, wie im Bezirk und im Büro Hebein eingeräumt wurde. Eine Sprecherin Figls sprach etwa von "ein paar Punkten, die noch gelöst gehören". So habe man heute etwa deponiert, dass das Fahrverbot nicht kommen könne, bevor im Bezirk das Anrainerparken wieder eingeführt wird. Wobei man sich in der "Pufferzone" - also im Bereich Ringstraße, die ja nicht vom Verkehrskonzept umfasst ist - sogar eine 30-Prozent-Quote an Stellplätzen wünscht, die für Bewohner reserviert werden.

Außerdem pocht Figl auf Ausnahmekontingente, die Anrainer etwa Familienmitgliedern oder anderen ausgewählten Personen zur Verfügung stellen können. Damit könnte dann etwa ein Enkelkind, das eigentlich nicht in die Innenstadt einfahren dürfte, die Oma besuchen, ihr Einkäufe bringen oder sie zu einem Ausflug abholen, erklärte die Sprecherin. Und der Bezirk beharrt auf der im Bezirksparlament beschlossenen Durchführung einer Machbarkeitsstudie, im Zuge derer auch geprüft werden soll, wie die Regelung technisch - also etwa in Form einer elektronischen Kontrolle - umgesetzt werden kann.

Eine Hebein-Sprecherin räumte ebenfalls ein, dass "noch Dinge offen" seien. Man werde sich die eingebrachten Anliegen berücksichtigen. Wobei sie zu bedenken gab, dass beispielsweise die gewünschten Ausnahmekontingente "nicht ganz einfach" umzusetzen seien.

Hebein selbst versprach in der heutigen Aussendung ein Modell, " in dem niemand, der auf sein Auto angewiesen ist, einen Nachteil erleidet". Gleichzeitig gehe man aber einen wesentlichen Schritt in Richtung Klimaschutz und Abgasreduktion. Sie verwies einmal mehr auf eine Studie, wonach an Werktagen mit bis zu 50 Prozent weniger Kfz-Verkehr gerechnet wird und es durch das Fahrverbot keine Verdrängungseffekte in den angrenzenden Bezirken gibt. Auch die Effekte auf die Wirtschaft wären positiv. Handel, Gastronomie und Tourismus hätten bei ähnlichen internationalen Projekten profitiert, versicherte sie.

Auch Zeitplan ungewiss

Im Verkehrsressort hält man nach wie vor am Ziel fest, das Konzept noch vor der Wien-Wahl am 11. Oktober in Kraft treten zu lassen. So wurde es auch bei der gemeinsamen Präsentation des Vorhabens Mitte Juni angekündigt. Der Bezirk selbst hat es aber offenbar nicht ganz so eilig. Denn auf einen konkreten Zeitpunkt will man sich dort nun nicht festlegen. "Wir stehen natürlich zum Projekt, aber davor muss es ein ordentliches Verfahren geben", so die Figl-Sprecherin.

Bis kommenden Dienstag haben alle betroffenen Stellen jedenfalls Zeit, schriftlich ihre Stellungnahmen einzubringen. Diese sollen in die Verordnung, in der dann auch die endgültigen Ausnahmen fixiert werden, eingearbeitet werden. Gibt es eine Einigung und damit die fertige Verordnung, kann das neue Verkehrskonzept mit dem Aufstellen der entsprechenden Verkehrsschilder wirksam werden.

Doch abgesehen von noch nicht ausgeräumten Differenzen zwischen Hebein und Figl ist in der Sache auch noch das Okay von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ausständig. Er hat angekündigt, sich erst am Ende des Ermittlungsverfahrens ein Urteil bilden zu wollen.

(APA)

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