Betrug

Mattersburg-Bank: Was noch kommt

APA/Robert Jaeger
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Viele Privatkunden und Unternehmer der Commerzialbank Mattersburg werden ihr Erspartes nicht mehr zurückbekommen. Ein Überblick über die nächsten Schritte im Bilanzskandal.

Während ganz Österreich fassungslos auf die Bilanzfälschungen bei der Commerzialbank Mattersburg blickt, gibt der burgenländische Landeshauptmann, Hans Peter Doskozil, unverblümt zu Protokoll: „Ich gehe davon aus, dass dieses Geld weg ist.“ Viele Unternehmer und Privatpersonen werden „am Ende des Tages sehr viel Geld verlieren“, sagte Doskozil noch am Tag der Enthüllungen.

Damit liegt er völlig richtig. Denn nur bis zu 100.000 Euro auf Girokonten, Sparbüchern und sonstigen Konten sind von der gesetzlichen Einlagensicherung garantiert. Im Fall der Commerzialbank sind das rund 450 Mio. Euro der etwa 13.500 Kunden, bestätigt die Einlagensicherung Austria der „Presse“. Alles darüber ist ungewiss – und so wie es derzeit aussieht, wird nicht viel davon übrig bleiben.

Einlagensicherung hat Vorrang

Doch der Reihe nach: Zuerst müssen Polizei und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ihre Ermittlungen in Mattersburg abschließen, um die strafrechtlichen Konsequenzen ziehen zu können. Danach beauftragt die Finanzmarktaufsicht einen Wirtschaftsprüfer, um das Ausmaß der Bilanzmanipulation zu eruieren. Anhand dieser Informationen entscheidet die Aufsicht, ob sie die Commerzialbank in die Insolvenz schickt. Tut sie das, übernimmt ein Masseverwalter das Ruder und teilt in einem geordneten Prozess das verbliebene Vermögen der Bank auf die Gläubiger auf.

Zwar steht noch nicht fest, wie hoch der Schaden ist, aber alle mit der Sache Vertrauten sind sich sicher: Es wird zu einer Insolvenz kommen. Bis zur Hälfte der Bilanzsumme von rund 800 Mio. Euro soll nie existiert haben. Dieser Schätzung folgend würden am Ende rund 400 Mio. Euro an Vermögenswerten übrig bleiben, die vom Masseverwalter verteilt werden könnten. Darin sind die Eigenmittel der Bank von rund 65 Mio. Euro bereits inkludiert.

Die Crux an der Geschichte: Die Einlagensicherung hat im Insolvenzverfahren Vorrang. Das bedeutet, dass sie das Geld, das sie den betroffenen Sparern in der kommenden Woche überweisen wird, sich noch vor allen anderen Gläubigern zurückholen kann – die besagten 450 Mio. Euro. Kurzum: Für jene Kunden, die mehr als 100.000 Euro bei der Commerzialbank Mattersburg angelegt hatten, wird nicht mehr viel übrig bleiben, sie fallen um ihre Ersparnisse um.

Das betrifft vermögende Privatkunden, aber vor allem sehr viele kleine und mittlere Unternehmen im Burgenland. Sie müssen jetzt nicht nur rasch eine neue Bank suchen, um den Zahlungsverkehr ihrer Geschäfte aufrechtzuerhalten, sondern verlieren auch ihre Barreserven – sofern diese über 100.000 Euro liegen, denn die Einlagensicherung gilt auch für Gewerbekunden.

Sammelklagen geplant

Bisher ist bekannt, dass der Tech-Konzern Frequentis Einlagen von rund 31 Mio. Euro, der Konzertveranstalter Barracuda (im Besitz der Eventim-Gruppe, zu der Oeticket gehört) 34 Mio. Euro und die Energie Burgenland fünf Mio. Euro bei der Commerzialbank hatten.

Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs – die Genannten sind die prominenteren, größeren Unternehmen, die von der drohenden Insolvenz betroffen wären. Weniger Aufmerksamkeit bekommen indes viele kleinere Betriebe in der Region, die sich durch solide Arbeit hohe Barreserven erwirtschaftet oder mit der Bank einen Rahmenkredit vereinbart haben, den sie nicht mehr ausschöpfen können. Zudem sind Gemeinden, öffentliche Institutionen, Versicherungen und Banken nicht von der Einlagensicherung erfasst. Hier dürfte es noch zu Überraschungen kommen.

Trotz der schlechten Aussichten für die Gläubiger gibt es die Möglichkeit, die unverschuldeten Verluste einzuklagen. Der Prozessfinanzierer Advofin bringt sich bereits in Stellung – und plant, die Wirtschaftsprüfer TPA und die Organe der Commerzialbank Mattersburg in Form einer Sammelklage zur Rechenschaft zu ziehen. Vor allem die Rolle der Aufsichtsräte wird in dieser Causa genauer hinterfragt werden müssen.

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