Geschmacksfrage

Testessen im Hans und Fritz

Christine Pichler
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Nach der Schnitzeljagd gibt es im Instant-Buschenschank „Hans und Fritz“ blutrotes Beef Tatar und säuerliches Ceviche.

Das Covid-19-Virus wird die kulinarische Welt stärker verändern als alle Köche und Kritiker zusammen. Das ist zwar eine gewagte These, aber sie hat was: Allein in Wien werden eher Hunderte denn Dutzende Lokale schließen müssen – wegen Finanz- und Touristenmangels. Restaurants, die vor allem von lokalen Gästen lebten, haben weitaus weniger Probleme.

Leicht surreal, aber wahr: Das Fabios wird dieser Tage förmlich überrannt, die Küche spielt auch in ihrer verlässlichen Hochform. Wirt Fabio Giacobello gehört übrigens zu jenen Gastronomen, die weiterhin Masken im Service tragen lassen. Der Schock über die Toten der Lombardei sitzt beim Italiener tief.

Ein weiteres spezifisches Covid-19-Lokal ist der erste Drei-Michelin-Stern-Hipster-Buschenschank der Welt. Ja, das gibt es wirklich, ein paar Hundert Meter unterhalb des Krapfenwaldbads, das nur einen zart besseren Ausblick als der Heurige hat. Den zu finden gleicht einer kleineren Schnitzeljagd, auf Nummer 15 geht es am Umspannwerk vorbei. Einmal angekommen, erwarten einen Heurigenbänke, Weinstöcke, ein paar Liegestühle, viele Reserviert-Hinweise und eine Schlange vor einem Container. In dem wird zubereitet und ausgeschenkt. Selbstbedienung erspart den ­Kellner und seine Maske. Geduldig in der Schlange stehen ist bekanntlich eine der neuen Covid-19-Sportarten, draußen sitzen eben auch. Die beiden Kulinarik-Stars, der Winzer Fritz Wieninger und Drei-Sterner Juan Amador („Rainer, du hast zwei Mal einen Tisch am selben Tag storniert!“), haben diesen provisorischen Ort geschaffen, der die Sommer-Wochenenden 2020 begeistern wird.

Christine Pichler

Neben guten Heurigen-Klassikern, die natürlich allesamt von Produzenten stammen, die ihre Tierchen sicher gestreichelt und in den schönen Künsten unterrichtet haben, gibt es Amador-Gerichte: ein blutrotes Beef Tatar, das trotz milder Würzung schlicht süchtig macht, ein Ceviche vom Süßwasserfisch mit Stammbaum und Dille, das dank feiner Süßsäure den Wein noch weiter aufwertet. Der ist mit dem „Heurigen“, der ein paar Gassen weiter zur Übersäuerung asiatischer Touristen verwendet wird, nicht zu vergleichen. Wieninger kann Wein, die Zahl seiner Güter soll weiterwachsen. Dann wird Wien besser als die Südsteiermark. (An dieser Stelle erwarte ich mein Kündigungsschreiben.)

Die Gäste rekrutierten sich an den ersten Tagen aus befreundeten Köchen, 50 plus, Döblinger Regimentern, Franz ­Vranitzky war auch da, die „Presse“-Abonnenten ermahnten mich streng, freundlich zu schreiben. Was hiermit passiert ist. Nur: Wie heißen eigentlich die aus den anderen Bezirken: Ottakringer Brigaden? Mariahilfer Bataillone? Josefstädter Kommanden? Einzige ­Kritik: Die Fleischlaberl waren zu fest, ­
das können die Herrschaften nicht schneiden!

Ino

Hans und Fritz Buschenschank: Krapfenwaldgasse 17, 1190 Wien, Tel.: +43/(0)681/81 30 34 94,
geöffnet: Do–Fr: 15–22, Sa–So: 12–22 Uhr.

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