Treffen zur Lage am Fleischmarkt und Haltung von Nutztieren
Mitreden

Mitreden bei Massentierhaltung: Soll Fleisch wieder zum Luxusprodukt werden?

Durch die Coronavirus-Ausbrüche in Schlachthöfen kocht die Debatte über Massentierhaltung und Fleischkonsum wieder hoch. Müssen wir unsere Ernährungsgewohnheiten radikal ändern? Diskutieren Sie mit!

Bei Deutschlands größtem Schlachtbetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück kehrt langsam wieder Normalität ein: Diese Woche wurden die ersten Schweine geschlachtet. Der Betrieb war geschlossen, da sich im Juni mehr als 1500 Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert haben. Auch hierzulande geht der Coronavirus in Schlachthöfen um - wenn auch bisher in weit geringerem Ausmaß.

Das ist kein Zufall, meint Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer, im Gespräch mit Jeannine Hierländer. „Tönnies schlachtet dreimal so viele Schweine wie alle Betriebe in Österreich zusammen. Wir haben kleinere und dadurch krisenfestere Strukturen mit besseren Arbeitsbedingungen“.

Wie es in Österreich um die Fleischindustrie bestellt ist und dass „klein" nicht unbedingt besser ist, hat Karin Schuh in einer Analyse zusammengefasst. Sie erklärt: Das Tierwohl in der Haltung und bei den Schlachtungen hängt stark von der Tierart ab. Während es bei Rind und Geflügel sehr hohe Standards gibt, ist Österreich beim Schweinefleisch durchaus vergleichbar mit Polen oder Deutschland.

»An Covid-19 sind wir mitschuldig«

Anna Goldenberg

Viele Kommentatoren ziehen derzeit Verbindungen zwischen Massentierhaltung und dem Coronavirus, die weit über die Infektionen in den Schlachthöfen hinausgehen. „An Covid-19 sind wir mitschuldig“, schreibt etwa Anna Goldenberg in unserer Kolumne „Quergeschrieben“. Und weiter: „Wenn der Mensch Ökosysteme zerstört, verlieren die Viren ihre natürlichen Wirte und brauchen einen neuen: uns.“ Einen Ausweg sieht sie letztendlich nur darin, dass Fleisch „wieder zum Luxusprodukt wird“. Die Herstellung sei nämlich viel energieintensiver ist als der Gemüseanbau.

„Dass in jüngster Zeit mehr Zoonosen (wie der Coronavirus, Anm.) auftreten, liegt unter anderem am Bevölkerungswachstum, am Klimawandel, an der wachsenden Mobilität, der intensivierten Nutztierhaltung und der Zerstörung des Lebensraums von Wildtieren“, schreibt auch Wissenschaftskolumnist Martin Kuglerund fordert einen „ganzheitlichen Blick“ auf Epidemien: Medizin, Veterinärmedizin und Ökologie sollten nicht mehr getrennt voneinander betrachtet werden.

Und was sagen die „Presse"-Leser? Gerhard Hausner meint: „Der Umstieg zur vegetarischen, veganen Ernährung wird das Klima nicht retten, nur eine andere Einstellung zur Ernährung ('Weniger ist mehr').“ Monika Maria Steiner schreibt dagegen, man dürfe nicht Konsumenten zu den Schuldigen am Tierleid erklären: Viele würden prekär Leben, seien auf günstige Lebensmittel angewiesen: „Sie müssen billig kaufen, wenn sie nicht aus ihren Wohnungen delogiert werden wollen.“ Sie sieht außerdem die Händler in der Pflicht: „Konsumenten können nur kaufen, was in Regalen vorhanden ist. Wenn keine Fleisch-Aktionen vorhanden sind, kann niemand sie kaufen - so einfach ist das!"

(sk)

Diskutieren Sie mit: Müssen wir unser Konsumverhalten grundlegend ändern? Sollen wir zurück zum Luxusprodukt Fleisch? Wer hat die Verantwortung für das Tierleid zu tragen? Und: Worauf achten Sie beim Lebensmittelkauf? 

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