Exekutive

Drei suspendierte Polizisten bei 350 Misshandlungs­vorwürfen

GRENZSCHUTZ-UeBUNG NICKELSDORF:POLIZEI UND BUNDESHEER UeBEN GEMEINSAM
GRENZSCHUTZ-UeBUNG NICKELSDORF:POLIZEI UND BUNDESHEER UeBEN GEMEINSAMAPA/ROBERT JAEGER
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Nur selten haben Anzeigen gegen Polizisten auch Konsequenzen für die Beamten. Die Regierung will im Herbst eine eigene Beschwerdestelle einrichten.

Ein Polizist, der einen am Boden fixierten Demonstranten mit Faustschlägen traktiert, zwei andere, die einen Aktivisten gefährlich nahe an einem Polizeiauto auf den Boden drücken. Nach den Ereignissen bei einer Klimademo vergangenen Jahr entfachten eine breite Debatte über Polizeigewalt, Misshandlungsvorwürfe wurden laut. Diese - werden sie angezeigt - haben aber äußerst selten Konsequenzen für die Polizisten. Das zeigt eine aktuelle Anfragebeantwortung von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) an die FPÖ zeigt. Demnach wurden seit 2018 zwar 350 Fälle bei der Justiz angezeigt, interne Konsequenzen gab es aber nur für drei Beamte.

Unter den 350 Anzeigen (129 im Jahr 2018, 155 im Jahr 2019 und heuer 66), wurden in diesem Zeitraum nur drei Beamte vorläufig vom Dienst suspendiert wurden. In einem Fall wurde die Suspendierung von der Disziplinarkommission aufgehoben (der Beamte kam mit einem Verweis davon), in einem weiteren Fall verhängte die Kommission 2000 Euro Geldstrafe. Und im dritten Fall läuft das Verfahren noch.

Warnung an Beamte

Die Wiener Polizei war in den vergangenen Monaten immer wieder wegen gewalttätiger Übergriffe von Polizisten auf Demonstranten in die Schlagzeilen gekommen. So soll am 1. Mai ein Polizist einen Teilnehmer einer Fahrraddemo aus dem fahrenden Auto heraus vom Rad getreten haben, ein am Boden sitzender Demonstrant wurde angeblich mit Fußtritten traktiert.

Der Vizepräsident der Wiener Polizei, Michael Lepuschitz, warnte seine Beamten daraufhin, dass in solchen Fällen "Verständnis und Schutz durch Vorgesetzte und Behörde" ein Ende habe. Gleichzeitig lobte er das deeskalierende Auftreten der Polizei bei den Antirassismus-Kundgebungen im Juni.

Beschwerdestelle soll im Herbst kommen

Zur Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen gegen Polizisten hat die türkis-grüne Regierung eine eigene Behörde angekündigt, die auch als Beschwerdestelle fungieren und mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet werden soll. Ein Konzept dafür soll bis zum Herbst stehen.

Dass die bei den Staatsanwaltschaften angezeigten Misshandlungsvorwürfe meist nicht vor Gericht landen, hat eine vor eineinhalb Jahren veröffentlichte Studie des "Austrian Center for Law Enforcement Sciences" (ALES) gezeigt. Untersucht wurden 1518 Fälle der Jahre 2012 bis 2015 - davon wurden nur sieben gerichtsanhängig, Verurteilung gab es keine. Wie die Studie zeigte, wurden die Vorwürfe gegen Polizisten meist als haltlos eingestuft und deswegen Verfahren eingestellt.

Die damalige Studienleiterin Susanne Reindl-Krauskopf wird laut Nehammer nun als eine von vier Universitäts-Experten bei der Konzeption der neuen Beschwerdestelle eingebunden.

(APA/red)

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