EU-Parlament

„Die EU ist kein Bankomat“

Das Europaparlament.
Das Europaparlament.(c) APA/AFP/JOHN THYS
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Österreichische Abgeordnete fordern parteiübergreifend unmittelbare Entscheidung des Rates zu Budget und Aufbauplan.

Wien/Brüssel. „Die Zeit drängt. Wer die Chance verspielt, verschiebt den Wiederaufbau der Wirtschaft in Europa.“ Mit einem parteiübergreifenden Appell legten die EU-Delegationsleiter von ÖVP, SPÖ, Grünen und Neos in einer Videokonferenz am Donnerstag die Forderungen des Europaparlaments an den am Freitag beginnenden EU-Gipfel zu Budget und Wiederaufbauplan nach der Coronakrise dar. Die Entscheidung dürfe nicht irgendwann fallen, „sondern jetzt“, so Othmar Karas (ÖVP): „Das Virus hat die Wirtschaft infiziert, und ein Rezept liegt auf dem Tisch.“

Der mehrjährige Finanzrahmen 2021–2027 und der Aufbauplan im Umfang von 750 Milliarden Euro seien als Gesamtpaket zu betrachten. Dabei wollen die Abgeordneten drei Punkte erfüllt sehen: Zum einen dürfe das Budget nicht bei den Zukunftsthemen Forschung, Digitales, Bildung, Klimaschutz oder Nachbarschaftshilfe sparen. Zweitens will das Europaparlament die Vergabe von EU-Geldern an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit knüpfen – eine Forderung, die die EU-Kommission teilt. „Die EU ist schließlich kein Bankomat“, so Karas. Zum Dritten müsse das Parlament in alle Entscheidungen des Aufbauplans voll eingebunden sein. Auch SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder betont, dass es im künftigen Budget „mehr Investments in Schlüsselbereiche“ geben müsse.

„Wir sind die europäischen Vier“

Widerstand gegen eine vernünftige Lösung beim EU-Aufbaufonds ergebe keinen Sinn, denn: Österreichs Wohlergehen sei unmittelbar abhängig von der wirtschaftlichen Lage in den Nachbarländern. „Sie sehen hier nicht die geizigen Vier, sondern die europäischen Vier“, so Schieder in kritischer Anspielung auf das aus Österreich, den Niederlanden, Schweden und Dänemark bestehende Quartett im Europäischen Rat, das eine Kürzung von Budget und Aufbauplan fordert. Zwei Drittel des 750 Milliarden Euro schweren Krisenfonds sollen als Zuschüsse und ein Drittel als Kredite an von der Coronakrise besonders betroffene EU-Länder ausbezahlt werden. Für die EU-Parlamentarier ist das die „untere Grenze“. Österreichs Kanzler, Sebastian Kurz, dagegen will das Verhältnis zugunsten der Kredite ändern. Karas: „Nun ist nicht der Zeitpunkt für innerparteiliche Debatten.“ (aga)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2020)

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