Wiener Fiaker

Kleinkunst in der Kutsche

Susita Fink (l.) und Martina Michelfeit-Stockinger haben ein Konzept entwickelt, das Fiaker und Kunst verbindet.
Susita Fink (l.) und Martina Michelfeit-Stockinger haben ein Konzept entwickelt, das Fiaker und Kunst verbindet.(c) Michèle Pauty
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Mit Themenfahrten wollen Martina Michelfeit-Stockinger und Susita Fink den Wienern Fiaker näherbringen. Und einen Gegenpol zur Kritik daran bieten.

In der alten Chamottefabrik im Prater vergisst man schnell, dass man sich mitten in Wien befindet: Es riecht nach Stroh, Kinder laufen über den Hof, und Hunde dösen in der Morgensonne. Und im Stall, dort stehen Martina Michelfeit-Stockingers Pferde: insgesamt 38, davon sind 20 als Fiakerpferde im Einsatz.

Die Fiaker-Unternehmerin hat sich hier 2002 niedergelassen. In der Coronakrise litt das Geschäft mit den Kutschen, das vor allem Touristen anzieht, wie nie zuvor. Und auch der Kulturszene macht die Krise schwer zu schaffen. Michelfeit-Stockinger hat sich deshalb mit Theatermacherin Susita Fink zusammengetan, um die beiden Branchen mit einem neuen Konzept zu verbinden: Mit der ersten Wiener Kulturkutsche kann man bis September Themenfahrten durch Wien in Begleitung von Künstlern machen.

„Die Idee lag lang in der Schublade, in der Krise war dann die Zeit da, um sie wieder aufzumachen“, erzählt Michelfeit-Stockinger, die Fink noch aus ihrer Jugend kennt. Die Kulturkutsche soll Fiaker auch für Wiener attraktiv machen und die Geschichten der Stadt erzählen. „Wir wollen raus aus dem Eck, dass Fiaker nur eine Attraktion für Touristen seien“, sagt Fink.

Das Spektrum der 30- bis 50-minütigen Fahrten reicht von Sagen, Literatur und Kriminalgeschichte bis zu Beethoven. Die Künstlerin Michaela Aigner führt etwa in der Sagenkutsche ein Puppenspiel auf, das vor allem Familien ansprechen soll. Eva Billisich trägt in der Literaturkutsche Wiener G'schichten und Gedichte vor. Und Walter Kukla spielt in der Krimikutsche, mit der man etwa an Tatorten vorbeifährt, einen Kommissar.

Im August gibt es außerdem zwei besondere Fahrten: In „Beethovens Umzugswagen“ fährt man an den originalen Wohnstätten des Komponisten vorbei und lauscht Anekdoten – inklusive zweier Livekonzerte.

„Das Besondere ist, dass man ganz nah am Künstler dran ist“, erzählt Fink. Corona-Abstand sei aber trotzdem gegeben: Der Künstler sitzt neben dem Fiaker auf dem Kutschbock, in der Kutsche selbst finden um die vier Personen Platz.

Fink und Michelfeit-Stockinger verbindet die Leidenschaft für Pferde, schon vor drei Jahren arbeiteten sie bei einem Theaterprojekt zusammen. Mittlerweile macht auch Fink die Ausbildung zur Fiakerin. Eine Profession, die sonst meist in Männerhand ist – Michelfeit-Stockinger war selbst eine der ersten weiblichen Fiaker der Stadt.

„In einem Lokal lernte ich damals die allererste Frau, die in Wien Fiakerin war, kennen“, erzählt sie. „Und sie hat mich gefragt, ob ich im Winter helfen kann, die Pferde zu bewegen.“ Ab 1989 begann Michelfeit-Stockinger dann selbst Fiaker zu fahren.

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