Pandemie

Zwischen Sorgen, Cyber Sex und Optimismus: Was die Coronakrise mit uns macht

Several people with protective masks are walking on the street. PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY NicolasxLandemardx/xLexP
Several people with protective masks are walking on the street. PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY NicolasxLandemardx/xLexP(c) imago images/Le Pictorium (Nicolas Landemard / Le Pictorium via www.imago-images.de)
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Mehrere Umfragen beschäftigen sich mit den Auswirkungen der Coronakrise auf die Gemüter. Besonders die Jungen litten unter Einsamkeit, mehr als die Hälfte der Österreicher blicken eher pessimistisch in die Zukunft.

Die Wirtschaft ist in einer Rezession, das Sozialleben auf dem Kopf gestellt und die Arbeitswelt steht möglicherweise vor einem grundlegenden Wandel. Kein Ereignis der letzten Jahre hatte solche weitreichenden Auswirkungen auf unser Leben wie die Coronakrise - viele werden wir wohl auch erst noch zu spüren bekommen.  All dies hat auch tief greifende Effekte auf die Gemüter. So warnen Gesundheitsexperten bereits vor einer psychischen Pandemie, die der physischen folgen werde. Auch zu diesem Zeitpunkt geben Umfragen Aufschluss darüber, wie die Österreicher mit der Krise bisher umgegangen sind.

So hat eine repräsentative Umfrage des Linzer Meinungsforschungsinstituts IMAS herausgefunden, dass die Krise von der österreichischen Bevölkerung durchaus ambivalent bewertet wird. Jeder zweite schätzt, dass es mit der Wirtschaft bergab gehe und daher meinte auch knapp die Hälfte der Befragten, die Menschen seien unzufrieden. Anderseits fand auch jeder zweite, die derzeitigen Umstände könnten zu einem bewussteren Leben führen.

Die Pandemie mache laut den Linzer Meinungsforschern vor allem eines deutlich: Die Prioritäten haben sich verschoben, das Bewusstsein der Österreicher zeige jedenfalls deutliche Veränderungen, hieß es in der am Freitag veröffentlichten Erhebung, bei der zwischen 20. Mai und 16. Juni bei 1.005 Österreicher ab 16 Jahre befragt wurden.

Gefragt nach jenen lebensbestimmenden Aspekten, die stark an Bedeutung gewinnen werden, nannten 49 Prozent die Angst um den Arbeitsplatz. Mit einer deutlichen Veränderung der Arbeitswelt rechnen 44 Prozent, ebenso werde die Sensibilität gegenüber Grippekranken oder Hustenden enorm zunehmen (39 Prozent) genauso wie das Hygienebewusstsein (38 Prozent). Die Bedeutung von Reisen oder der Besuch von Großveranstaltungen werde dagegen laut 39 Prozent der Befragten "stark abnehmen", ebenso wie die Nutzung der Öffis, meinten zumindest auch 17 Prozent.

Insgesamt rechnen 54 Prozent der Befragten damit, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Lebenslage in Österreich in den kommenden Monaten "eher verschlechtern" werden. Nur 15 Prozent zeigten mit dem Daumen nach oben. Noch vor Ausbruch von Corona im Dezember 2019 war nur ein Viertel der Österreicher pessimistisch eingestellt. Gleichzeitig verknüpfen die Österreicher mit der Corona-Krise aber auch positive Erwartungen. 50 Prozent - sowohl Frauen als auch Männer, Alt und Jung, Städter und Leute auf dem Land - glauben an ein "besseres" Leben.

Mit Blick zurück stellte sich in der Umfrage heraus, dass den Österreichern während des Lockdowns der Verzicht auf soziale Kontakte am meisten zu schaffen machte. Dies nannten 34 Prozent der Befragten.

Junge Bevölkerung litt unter Einsamkeit

Dies bestätigte auch eine weitere Studie, die sich vor allem auf die junge Bevölkerung konzentriert hat und die hohe psychosoziale Belastung deutlich. So machten sich bei jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 30 Jahren eine Mischung aus Einsamkeit, Trostlosigkeit und Sorge, dass der Alltag und die nahen Beziehungen auseinanderbrechen breit. Das besagen Teilergebnisse einer - nicht repräsentativen - Studie der Soziologin Barbara Rothmüller über "Intimität und soziale Beziehungen in der Zeit physischer Distanzierung“, bei der im April 2020 insgesamt 4700 Personen in Österreich (66 Prozent) und in Deutschland (34 Prozent) teilnahmen, fast die Hälfte davon unter 30 Jahren.

Die Phase der Ausgangsbeschränkungen belastete besonders: "Die Ergebnisse sind deswegen so überraschend, weil eine höhere Einsamkeit für ältere Menschen wissenschaftlich sehr gut belegt ist. In der Zeit des Lockdowns waren die psychosozialen Belastungen für junge Menschen aber hoch, trotz durchschnittlich mehr Vertrauenspersonen und einem größeren sozialen Netzwerk", erklärte die Soziologin Barbara Rothmüller von der Sigmund Freud Universität Wien.

Welche Auswirkungen das Zusammenleben während des Lockdowns hatte, hing von der Qualität sozialer Beziehungen ab. Jugendliche und junge Erwachsene verbrachten teilweise sehr viel mehr Zeit mit der Familie. Dabei war die Stimmung im Haushalt bei Personen, die mit den Eltern zusammenwohnte, schlechter als in Haushalten von Paaren und Freunden. Nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten hatte auch Spaß im elterlichen Haushalt. Auch in intimen Beziehungen (Eltern, Freunde, Partner) haben bei jungen Befragten die Konflikte stärker zugenommen als bei den Älteren. Trotzdem beschrieben einige, dass sie die Beziehung zu ihrer Familie und zu den Partnern auch vertiefen konnten.

Aufgrund der Kontaktbeschränkungen hatten viele junge Erwachsene Sorge, dass ihre nahen Beziehungen auseinanderbrechen. "Vor allem die Paarbeziehungen Jugendlicher haben unter den Ausgangsbeschränkungen gelitten, auch weil nur sechs Prozent der Befragten von 14 bis 18 Jahren mit dem Partner oder der Partnerin zusammenwohnten. Aber auch weil Eltern einen persönlichen Kontakt teilweise nicht unterstützt haben", weiß die Soziologin. "Das hat zur Einsamkeit beigetragen.“ Hinzu kommt, dass ein Großteil der jungen Erwachsenen auf persönliche Treffen mit Freunden verzichteten.

Cyber Sex, aber nicht unbedingt safe

Neben romantischen und freundschaftlichen blieben auch sexuelle Beziehungen bei mehr als der Hälfte der jungen Erwachsenen auf der Strecke. Bei Alternativen zeigten sich Jüngere experimentierfreudiger, sie probierten neue Praktiken vier Mal häufiger aus als Ältere. Beim Versand sexueller Nachrichten waren die bis 20-Jährigen mit 41 Prozent doppelt so aktiv wie die über 60-Jährigen. Auch bei sexuellen Gesprächen am Telefon, dem Versand von Nacktfotos oder sexuellen Videos zeigten die Jüngeren weniger Scheu. Über die digitale Sicherheit im Netz und den persönlichen Schutz machten sich junge Erwachsene zwar häufig Gedanken. Allerdings sprachen nur wenige mit ihrem Partner darüber, was mit dem Bildmaterial passieren soll.

Sieben von zehn Paaren überstanden Lockdown gut

Beziehungen erhalten war offensichtlich schwierig im Lockdown. Trotzdem haben sieben von zehn Paaren die Ausgangsbeschränkungen gut überstanden. Dagegen haben 16 Prozent an ihrer Beziehung gezweifelt und ernsthaft an eine Trennung gedacht. Das hat eine bevölkerungsrepräsentative Marketagent-Studie im Auftrag der Online-Partneragentur Parship.at ergeben, die im Juni 1003 webaktive Österreicher zwischen 18-69 Jahren befragte.

Die Mehrheit der österreichischen Paare sieht sich demnach für Herausforderungen gut gerüstet. 84 Prozent betrachten ihre Beziehung als "belastbar", 43 Prozent sogar als "sehr belastbar". Besonders gut bewältigt werden - jedenfalls der eigenen Einschätzung nach - Herausforderungen wie Kindererziehung (57 Prozent) oder Hausbau (50 Prozent). Schlechter zurande kommen Paare dagegen mit der Pflege kranker Angehöriger (38 Prozent), Streit in der Familie oder im Freundeskreis (31 Prozent) sowie übermäßigem Stress im Beruf (30 Prozent).

(APA/twi)

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