Quergeschrieben

Mit dem Kampf um Masken heizt Trump den Krieg der Kulturen an

Sind die Angriffe des Präsidenten auf linke Faschisten, Marxisten, Aufständische Zeichen von Realitätsverlust oder politisches Kalkül? Antwort gibt es im November.

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An dem Tag, an dem die USA den Rekordwert von 75.255 Neuinfizierten meldeten und sich 3,5 Millionen Amerikaner mit Covid-19 angesteckt hatten, brach im Bundesstaat Georgia ein Kampf um das Tragen von Masken aus. Der weiße republikanische Gouverneur Brian Kemp zerrt die afroamerikanische Bürgermeisterin von Atlanta, Keisha Lance Bottoms (Demokraten), vor Gericht. Ihre Anordnung zur Maskenpflicht verletze seine Anordnung zur Freiwilligkeit.

Der Maskenkrieg tobt aber auch an anderen Stellen in den USA: Nicht nur politisch, sondern sogar in Geschäften von Apple, Kroger, Target und von allen Firmen, die das Tragen von Masken vorschreiben. Es kommt zu Zusammenstößen. Kunden weigern sich. Sie sehen sich in ihrer Freiheit beschränkt. In einer Zeit also, in der die USA die Coronakrise nicht in den Griff bekommen, in der 19 Millionen Arbeitslose und die Kluft zwischen Weißen und Afro-Amerikanern in der Anti-Rassismus-Bewegung die ganze Aufmerksamkeit und Energie Washingtons einfordern, tobt ein Kampf der Kulturen – mit Masken als Symbol.

»Donald Trump kann der Konflikt um die Dominanz (der Weißen), um Werte und um Glaubensfragen nur recht sein.«



Trump kann der Konflikt zwischen einzelnen Gesellschaftsgruppen, um Dominanz (der Weißen), um Werte und Glaubensfragen nur recht sein. Er befeuert ihn und nützt ihn aus – wenige Monate vor der Präsidentenwahl im November. Er hat es seit seiner Antrittsrede 2017, als er vom „Blutvergießen“ in den USA sprach, dem er ein Ende setzen werde, immer wieder getan.

In seiner Rede bei Mount Rushmore am Unabhängigkeitstag, dem 4. Juli, und noch mehr am Tag danach vor dem Weißen Haus aber heizte er ihn mit Worten an, die nicht nur seinen Kritikern Angst machen sollten: Er sprach von der „linken Kulturrevolution“, welche die „Amerikanische Revolution“ zu Fall bringen möchte, von extrem linkem Faschismus und davon, dass es zu Hunderten Verhaftungen kommen werde. Er machte die in der Tat äußerst bedenkliche, ja gefährliche Tendenz zur Intoleranz allen Andersdenkenden gegenüber („cancel culture“) dafür verantwortlich: Sie verjage Menschen aus ihren Jobs, verlange totale Unterwerfung von allen, die nicht der gleichen Meinung seien. „Das ist die Definition von Totalitarismus.“

Am Tag danach in Washington griff er seine Gegner noch schärfer an und drohte ihnen: „Wir sind daran, die radikalen Linken, Marxisten, Anarchisten, Agitatoren und Plünderer zu besiegen (. . .) Wir werden es nicht zulassen, dass ein wütender Mob unsere Statuen herunterreißt, unsere Geschichte auslöscht und unsere Kinder indoktriniert.“

Manche Beobachter in den USA sahen darin nichts als ein Ablenkungsmanöver von der Viruskrise; andere den Beweis, dass Trump nicht mehr der „Kriegspräsident“ in der Schlacht gegen Covid-19 sein will, sondern der „Kriegspräsident“ im Kampf der Kulturen. Masken dienen auch ihm als Symbol. Demonstrativ verweigert er sie – mit einer Ausnahme – seit Wochen und Monaten. Von der Zuschreibung „Kriegspräsident“ haben schon viele von Trumps Vorgängern politisch profitiert.

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