EU-Gipfel

Merkel: "Ob es zu einer Lösung kommt, kann ich nicht sagen"

EU leaders summit in Brussels
EU leaders summit in Brussels(c) REUTERS (POOL)
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Streitpunkt bei dem Gipfel ist unter anderem die Höhe der nicht zurückzahlbaren Zuschüsse. Hier bremsen die sogenannten "sparsamen" Länder, zu denen auch Österreich gehört.

Die EU-Staats-und Regierungschefs sind am Sonntag mit gemischten Erwartungen in die dritte Verhandlungsrunde über das nächste EU-Budget und den "Next Generation EU" genannten Corona-Aufbaufonds gegangenen. Während der französische Präsident Emmanuel Macron auf einen Kompromiss drängt und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) diesen auch für möglich hält, bremst die deutsche Kanzlerin Angela Merkel.

"Ich glaube, es ist möglich, ein Ergebnis zustande zu bringen", sagte der Kanzler in Brüssel. Dafür wäre aber noch ein "weiter Weg zu gehen". Dabei betonte Kurz seine Bereitschaft zur Einigung. Für eine Lösung müssten sich aber alle bewegen. Auch deutete Kurz an, dass es möglicherweise noch einen höheren Beitragsrabatt für Österreich geben könnte. Nach dem derzeitigenn Entwurf hätte Österreich einen jährlichen EU-Budgetrabatt in Höhe von 287 Millionen.

Seine deutsche Amtskollegin Merkel gab sich unterdessen zurückhaltend. "Die verschiedenen Themen - die Größe des Fonds, die Art der Steuerung und auch die Frage der Rechtsstaatlichkeit - sind nun gut aufgearbeitet." Aber "ob es zu einer Lösung kommt, kann ich nicht sagen", fügte die Kanzlerin hinzu. "Es gibt viel guten Willen, aber es gibt auch viele Positionen." Sie wolle sich für eine Einigung einsetzen, "aber es kann auch sein, dass es heut zu keinem Ergebnis kommt".

Macron will bis zu einer Einigung weiterverhandeln

Macron will unterdessen bis zu einer Einigung weiterverhandeln. Zu den Themen Rechtsstaatlichkeit, Steuerung und Höhe des Aufbaufonds gebe es "gute Kompromisse" zu finden, so Macron. Er hält dies für "noch möglich", betonte aber, dass dies nicht auf Kosten der Ziele Europas gehen dürfe.

Der italienische Regierungschef Conte drängte ebenfalls auf ein Ende der Verhandlungen. "Wir müssen morgen weitermachen und alles tun, um das im Interesse aller zu Ende zu bringen", sagte Conte in der Nacht auf Sonntag in Brüssel. Eine Vertagung des Gipfels würde niemandem helfen.

Einen Durchbruch hält neben Kurz auch der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte weiter für möglich. Der Umstand, dass der Gipfel in die Verlängerung gehe, zeige, dass alle optimistisch seien, sagte Rutte in der Nacht auf Sonntag in Brüssel nach der Unterbrechung der Beratungen. "Ich denke, dass es möglich ist, aber es gibt noch große Fragen bei der Rechtsstaatlichkeit, dem Verhältnis von Zuschüssen und Krediten sowie der Höhe der Rabatte."

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban ging Rutte unterdessen hart an und sagte am Sonntag, er verstehe nicht, warum der Niederländer die übrigen EU-Staaten attackiere. Orban steht seinerseits jedoch bei einem anderen Streitthema als Blockierer da: Zusammen mit Polen lehnt er eine Koppelung von EU-Geldern an die Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit ab, die andere EU-Staaten durchsetzen wollen.

Neustart der Verhandlungen verzögert sich

Der für Mittag angekündigte Neustart der Verhandlungen der 27 Staaten in großer Runde verzögerte sich am Sonntag auf unbestimmte Zeit. Die Vorgespräche dauerten an, hieß es von Diplomaten. Es würden zunächst in kleiner Runde mögliche Kompromisslinien getestet. Die Gespräche seien schwierig, hieß es aus der französischen Delegation.

EU-Ratspräsident Charles Michel setzte zum Auftakt des dritten Gipfeltages in Brüssel die Beratungen mit Merkel und Macron fort. Weitere Sondierungen folgten.

Beratungen mit den "Sparsamen Vier" 

Merkel und Macron hatten bis in die Nacht noch mit den Vertretern der Nettozahler-Allianz der "Sparsamen Vier" (Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande) beraten. Nach Angaben von französischen Diplomaten sind die beiden bereit, statt der geplanten 500 Milliarden Euro nur 400 Milliarden Euro für nicht zurückzahlbare Zuschüsse aus dem mit 750 Milliarden Euro dotierten Aufbaufonds einzuplanen.

Bei den Verhandlungen geht es grundlegend um ein Finanz- und Krisenpaket von gut 1,8 Billionen Euro: ein schuldenfinanziertes Konjunktur- und Investitionsprogramm gegen die Coronakrise im Umfang von 750 Milliarden Euro und den neuen siebenjährigen EU-Haushaltsrahmen im Umfang von mehr als 1.000 Milliarden Euro. Damit will sich die EU gemeinsam gegen die dramatische Rezession stemmen. Begonnen hatte der ursprünglich auf zwei Tage angesetzte Gipfel am Freitagvormittag.

(APA/AFP/dpa)

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