Quergeschrieben

Corona ist keine Meinung, sondern eine Krankheit

Ist etwas aus der Welt geschafft, weil es nicht mehr im Blickfeld ist? Es wäre eh cool, hörte Covid-19 auf zu existieren, wenn man nur die Augen davor verschließt.

Das unsägliche C-Wort möge auf Sommerpause gehen, forderte Kollegin Gudula Walterskirchen vergangene Woche an dieser Stelle und erntete viel Zustimmung dafür. Ja, stimmt schon: Corona ist mühsam. Eine Zumutung! Eine Plage! Mehr noch: eine echte Pandemie! Man würde gern wieder in den Umarmungsmodus verfallen, Freunde abbusseln, ins Kino und Theater gehen, Livekonzerte erleben, auf Vernissagen herumhängen, unbekümmert reisen und den Babyelefanten nur mehr in Schönbrunn besichtigen.

Schön wäre es allerdings, wenn nicht nur das böse C-Wort auf Sommerpause ginge, sondern auch das gefährliche C-Virus selbst, das weltweit bereits mehr als eine halbe Million Menschen getötet hat. Denn sonst erinnert der fromme Wunsch eher an das berühmte „Kuckuck“-Spiel:

Zuerst hält man sich die Augen zu, dann nimmt man die Hände weg und ruft „Kuckuck!“. Man spielt es bevorzugt mit Babys, deren Objektpermanenz noch nicht ausgebildet ist: Das heißt, Objekte außerhalb des kindlichen Blickfelds hören gewissermaßen zu existieren auf, auch wenn die Sicht nur durch die vor die Augen gehaltene Hand eingeschränkt ist. Wäre cool, hörte Corona auf zu existieren, wenn man bloß die Augen davor verschließt.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

Covid-19 ist keine Meinung, sondern eine Krankheit, die nicht nur für Alte und Vorerkrankte tödlich verlaufen kann. Und selbst wenn dem so wäre: Lassen wir die Gefährdeten einfach flott sterben, damit die Wirtschaft ebenso flott weiterwachsen kann? Auch junge, sportliche Menschen erkranken und sterben an Covid-19, sogar Kinder. Sollte also im Zweifelsfall nicht doch lieber eine Maßnahme zu streng sein als ein Toter zu viel?

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.