Pizzicato

Der rote Rand

Wolfgang Greber
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Draussen vor meinem Fenster steht der riesige Spitzahorn. Anfang März, als der ganze Wuhan-Wahnsinn virulent wurde, brach der Frühling aus ihm heraus. Jetzt sind da die ersten Zeichen, dass...

Anfang März, als der Wuhan-Wahnsinn bei uns virulent wurde, schossen gerade die Triebe aus ihm, zu Myriaden, zart und hellgrün. Es war noch frisch damals, aber sonnig. Und sehr ruhig.

Bald falteten sich die Blätter auf, dann die kugeligen Büschel der gelbgrünen Blütenstände, von dem riesigen Spitzahorn vor unserem Block in dem Ort südlich von Wien. Von meinem Bürozimmer im zweiten Stock aus schau ich direkt in die grüne Masse, die bei Wind wackelt und wabert und rauscht, einer der Äste kommt dem Fenster auf etwa zwei Meter nahe.

Damals im März fiel mir auf, dass Nebelkrähen auffällig oft und dicht vor dem Fenster vorbeiflogen. Irgendwann entdeckte ich, dass sie im Baum ein Nest bauten, einen Stock höher, so sechs bis acht Meter entfernt. Das hatte ich noch nie gesehen, es war genial, wie sie's aus Zweigen flochten. Es sieht aus wie ein großer Korb und hat sogar einige wüste Stürme überstanden, nur Junge hab ich seltsamerweise nie dort gesehen.

Am Sonntag sah ich erste rote Ränder auf Blättern. „Ich hab' das Gefühl, der Sommer ist schon vorbei", sagte am Montag meine Frau. Verdammt nochmal, kalendarisch steht der Hochsommer doch erst in Kürze bevor!

„Über Nacht kamen die Wolken / Und ich hab's nicht mal gemerkt / Schon sind am ersten Straßenbaum / Die ersten Blätter verfärbt / Ich will immer so viel erleben / Und verschlafe doch nur die Zeit / Und kaum dass ich einmal nicht müde bin / Ist der Sommer schon wieder vorbei."(Element of Crime: „Über Nacht")

Nun ja.

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