Für die Ausgangsregeln habe die gesetzliche Grundlage gefehlt, sagen die Verfassungsrichter. Und die Geschäfte hätten bei der Öffnung im April alle gleich behandelt werden müssen.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) fällte in seiner extra eingelegten Sommer-Session weitreichende Entscheidungen zum Thema Corona. So entschieden die Richter, dass die im März und April von der Regierung verordneten Ausgangsregeln gesetzeswidrig waren. Ein Jurist, Assistent an der Sigmund-Freud-Universität, hatte die Regeln angefochten („Die Presse“ berichtete im April). Aber auch die unterschiedliche Behandlung von Geschäften bei der Wiederöffnung war rechtswidrig, wie die Richter nach Unternehmerbeschwerden betonten. Geschäfte, die verspätet aufsperren durften, könnten nun wegen der Ungleichbehandlung finanzielle Forderungen an den Bund stellen. Andererseits bestätigte der VfGH das Covid-Gesetz der Koalition, laut dem es für Betriebsschließungen wegen Corona (im Gegensatz zu anderen Epidemien) grundsätzlich keine Entschädigung gibt. Aber was bedeuten die am Mittwoch veröffentlichten VfGH-Erkenntnisse im Detail?
1. Warum waren die von der Regierung im März verhängten Ausgangsbeschränkungen laut den Richtern gesetzeswidrig?
Bisher konnten einige Personen erfolgreich ihre Strafen wegen Verstoßes gegen die Corona-Ausgangsregeln im März und April bekämpfen. „Jetzt aber ist der Zeitpunkt gekommen, in dem alle Strafen nach der Betretungsverordnung nicht mehr halten“, sagt Karl Stöger, Professor für öffentliches Recht an der Universität Graz, zur „Presse“.